110 ** Entspannung ** Fr. 31.1.2020

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Eigentlich müsste ich jetzt glücklich sein

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Eigentlich müsste ich jetzt glücklich sein. Herr Seitz hat relative Entwarnung gegeben, und Max ist auf dem Weg zu mir. Aber ich bin zu müde, um glücklich zu sein. Drei Nächte lang habe ich mich mit dieser verdammten Stimme rumgeschlagen. Schon wieder! Fieser denn je. Die hat mich in meinem Kopf von einer Ecke in die andere getrieben und mich schier wahnsinnig gemacht. Wenn ich doch nur endlich mal wieder ein paar Stunden am Stück schlafen könnte! Ich sehe schon rosane Kaninchen über den Flur hoppeln, so müde bin ich.

Jenny und ich sind in dieser Woche heftig ins Hintertreffen geraten mit unseren Lehrer-Hausaufgaben – Stundenvorbereitungen, Klausurvorbereitungen, ich habe drei Elterngespräche absagen müssen und per eMail den Leistungsstand meiner Kleinen erfragen müssen bei meinen Vertretungen, die Elternsprechtage stehen vor der Tür, und die Termine dafür müssen koordiniert werden. Jenny muss jetzt im Akkord die schriftlichen Ausarbeitungen für zwei große Lehrproben in der nächsten Woche schreiben, weil sie erst seit heute weiß, beim welchem Mentor und vor welcher Klasse das überhaupt stattfinden wird. Dieses Wochenende wird also sehr arbeitsintensiv.

Aber ich mache heute nichts mehr. Diese vier Tage waren die Hölle. Jenny hat mir gesagt, dass Max gleich kommt. Erst habe ich vor Schreck die Luft angehalten, aber Jenny hat mir Mut gemacht, dass wir jetzt Selbstbewusstsein zeigen müssen, dass ich mich einfach von Max verwöhnen lassen soll. Sie geht in die Küche und macht uns Abendbrot mit einem bunten Salat, und bald steht auch schon Max in der Tür. Er hat sein Handy am Ohr und beantwortet grade eine Frage.
„...sach doch: die zwei K's – küssen und kuscheln. Ich würde Anni gerne einfach halten, bis sie eingeschlafen ist, damit sie endlich mal wieder eine Nacht ohne Alpträume hat. Wenn du sagst, dass ich besser nach Hause kommen soll, dann mach ich das. Aber ich wäre jetzt echt gerne für sie da."
Er schiebt mit dem Fuß die Wohnungstür zu und zieht mich mit dem freien Arm an sich. Ich atme den Duft von Kälte und Max ein und lasse mich einfach entspannt umarmen.
„Echt? Super. Danke für dein Vertrauen. Bis Morgen."

Schnell verschwindet sein Handy in seiner Hosentasche und seine Jacke am Haken.
„Und jetzt komm her, meine Süße. Ich will dich nach Strich und Faden verwöhnen, damit es dir morgen wieder besser geht."
Max haucht zarte Küsse auf mein Gesicht, bis ich anfange zu kichern.
„Danke, du wunderbarer Freund, für die süße Kette. Das ist so eine liebe Idee!"
„Oh, du trägst sie auch schon. Das freut mich."
„Natürlich! Max zum Überallhinmitnehmen, DAS lasse ich mir nicht entgehen. Wo hast du die denn jetzt hergezaubert?"

Jenny ruft uns ins Wohnzimmer, und wir setzen uns zu dritt zum Essen an den Tisch. Max hat nach dem Training einen Bärenhunger und greift ordentlich zu.
„Hmmmm. Das ... Deine Frage von eben. ... Irgendwann, kurz bevor Tanja bei uns eingezogen ist, hat mir mein Vater ein Kästchen gebracht. Mit Mamas sämtlichem Schmuck. Ich konnte damals gar nichts damit anfangen und hab es darum zu Tante Jana gebracht. Die hat das so lange für mich verwahrt. Und gestern Abend hat sie mir das Kästchen in die Hand gedrückt. Sie meinte, vielleicht sei da was Schönes für dich drin, was dir ein bisschen Mut macht. Der Engel ist mir sofort ins Auge gesprungen. Tante Jana glaubt, sich erinnern zu können, dass Mama diesen Engel von einer Patentante zur Konfirmation geschenkt bekommen hat. Und da du grade einen Schutzengel gut brauchen kannst, dachte ich ..."
„Max, du schenkst mir Schmuck von deiner Mama? Ist das nicht ..."
„Nein, Anni. Ist es nicht. Was auch immer du grade einwenden wolltest in deinem übergroßen Zweifel an der Menschheit, dem Schicksal und dem Universum höchstselbst. Ich kann und werde dich nicht mit Juwelen behängen. Aber der Engel, der soll dir gehören. Der ist nicht zufällig genau jetzt aufgetaucht. Meinst du nicht auch?"
„Danke, Max. Das ist ... echt wunderbar. Du bist wunderbar."
Ich greife an meinen Hals und fühle das inzwischen auf meiner Haut angewärmte Silberengelchen.
„Danke!"

Was sich neckt, das hasst sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt