077 ** nervös ** Sa. 14.12.2019

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Was bin ich dankbar, dass mein Bruder die ganze Zeit treu zu mir hält

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Was bin ich dankbar, dass mein Bruder die ganze Zeit treu zu mir hält. Die Stille in diesem Haus, die Leere machen mich wahnsinnig. Und sie diskutieren ja gar nicht mit mir. Für sie alle steht fest, dass ich jahrelang auf dem Holzweg war. Sie sind gegangen, einer nach dem anderen, und haben mich in meinem eigenen Sumpf sitzen lassen.
Falsch – Max habe ich gegangen.
Aber Tanjas Auszug war ein Schock für mich.
Ich wollte doch nur vergessen dürfen!

Und dann macht der Junge mir ein Geschenk zum Nikolaus-Tag und steht zwei Tage später sogar selbst bei mir vor der Tür. Ich habe mich so sehr geschämt. Für einfach alles! Für meine verwahrloste Erscheinung, für das Chaos im Haus, für den leeren Kühlschrank – und für seine Güte, von sich aus auf mich zuzugehen.

Sie hat ihn mir anvertraut, damals, als sie starb. Sie hat sich auf mich verlassen. Und was habe ich draus gemacht? Eine einzige Quälerei! Sie hatte so eine Angst vor dem Sterben, Angst, uns zurückzulassen. Ob sie geahnt hat, dass ich das nicht verkraften würde? Monatelang hat mich ihr brechender Blick im Traum verfolgt. Ich wollte doch nur vergessen dürfen!

Und jetzt diese Demütigung! Mein Sohn kommt her, um mit mir MEIN Haus zu putzen! Naja, ich hab ihn im Sommer ja gezwungen, es zu lernen. Aber trotzdem. Alles soll er bestimmt nicht sehen. Ich sollte aufstehen und mich umschauen, was ich heute im Laufe des Tages selbst erledigen kann.

Unglaublich, wie viel Kraft es kostet, einfach nur aus dem Bett aufzustehen. Ich schaue mich um und schäme mich schon wieder.
Stop, du bist ein strukturierter Mann, eins nach dem anderen.
Ich gehe unter die Dusche und ziehe mich ordentlich an. Dann tapse ich die Treppe runter, um auch unten das Chaos zu besehen. Da sehe ich einen Zettel im Flur liegen.
Der kommt als erstes ins Altpapier. Himmel, bin ich nachlässig geworden!
Doch als ich vor dem Zettel stehe, kommt er mir nicht nur nicht bekannt vor. Darauf ist auch ein fetter Pfeil, der in Richtung Küche zeigt.

Völlig verwirrt folge ich dem Pfeil – und stehe vor einem liebevoll gedeckten Küchentisch mit Brötchen, Butter, Marmelade und Käse, dazu eine Kanne Tee. Ich weiß gar nicht, was ich zuerst fühlen soll. Mir treten Tränen in die Augen, ich muss lächeln und ich fühle mich wie umarmt von der Zuneigung meines Sohnes. Denn ich zweifle keine Sekunde daran, dass dieses Frühstück von Max kommt.

Zum ersten Mal seit Monaten lege ich mir eine CD mit klassischer Musik ein und frühstücke tatsächlich ganz in Ruhe, im Sitzen, und genieße mein Essen. Dann schnappe ich mir einen Block und einen Stift.
So, was muss hier alles getan werden? Was davon schaffe ich selbst, und was mache ich zusammen mit Max? Äh ... vielleicht sollte ich als erstes mal vernünftig den Frühstückstisch abdecken ...
Ich räume die Lebensmittel in den Kühlschrank und alles Geschirr, das rumsteht, in die Spülmaschine.

Ich versuche, aus dem Kopf aufzuschreiben, was alles normalerweise getan werden muss. Dann gehe ich mit meiner Liste einmal durch das ganze Haus. Mir fällt auf, dass meine schmutzige Kleidung wirklich in jedem Raum liegt, dass in jedem Raum benutztes Geschirr steht, dass meine Post, Werbung, wichtige Papiere überall verstreut sind. Also sammele ich alle Kleidung ein und füttere die Waschmaschine im Keller. Dann sammele ich alles Geschirr ein und stelle die Spülmaschine an. Dann nehme ich mir eine Klappbox und sammele alles Papier ein. Peinlicherweise wird die Box gestrichen voll.

Was sich neckt, das hasst sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt