Gleich nach dem Aufwachen fühle ich mich voller Energie und Tatendrang und halte es nicht mehr im Bett aus. Es ist erstaunlich früh, aber das ist wohl die innere Lehreruhr. Max schläft noch tief und fest, und so schleiche ich mich erstmal auf den Balkon, um den Wettertest zu machen. Das Wetter scheint heute echt schön zu werden, also suche ich mir ein leichtes Sommerkleid aus dem Schrank und husche mitsamt dem Zimmertelefon ins Bad. Von hier aus bestelle ich ein umfangreiches Frühstück aufs Zimmer, bevor ich mich anziehe und irgendwie meinen Wischmopp auf dem Kopf bändige. Dann lehne ich die Apartmenttür an, damit ich den Zimmerservice gleich höre, bevor der klopft.
Einen Moment lang schaue ich Max beim Schlafen zu und denke an heute Nacht.
Ich bin ... seinE Wunder. Wie schön er das gesagt hat. Und wie sehr seine Augen dabei geleuchtet haben!
Mir wird ganz warm bei der Erinnerung. Er hat schon viel aushalten müssen in seinem Leben, und wenn er wach ist, im Alltag, in vielen Situationen wirkt er deutlich bedachter und reifer und einfach erwachsener, als sein wahres Alter ist. Nur wenn er schläft, dann sieht man, wie jung er noch ist. Misstrauisch horche ich in mich hinein, wie so oft in den letzten Monaten. Aber da ist kein Muttergefühl. Überhaupt nicht. Im Gegenteil. Zum allerersten Mal in meinem Erwachsenenleben fühle ich mich an der Seite eines Mannes wie eine begehrenswerte, geliebte Frau – und nicht wie ein Mädchen, ein Vorzeigeobjekt, ein Hinternwärmer, eine Denkmaschine oder sonst irgendwas komisches. Für Max bin ich eine starke, kraftvolle Frau, die genauso weich und liebesbedürftig sein kann – und der er alles geben möchte, was sie braucht, um glücklich zu sein.Ein Geräusch auf dem Hotelflur lässt mich aufhorchen. Ich sause zur Tür und öffne sie. Ich habe richtig gehört. Ein Angestellter schiebt mir einen Teewagen voller verschiedenster Leckereien zu, steckt mein Trinkgeld ein und verabschiedet sich wieder. Leise rolle ich den Teewagen auf die Terrasse und fange draußen an, für unser Frühstück zu decken. Es ist einfach alles da. Kaffee, Tee, Wasser und frisch gepresster Orangensaft. Eine kleine Müslibar, Brötchen, Aufschnitt, Marmelade, Honig und das braune Teufelszeug. Obst ist dabei, und unter der Haube einer Warmhalteplatte versteckt sich frisches Rührei.
Keine Ahnung, aus welcher Windung meines Gehirns DAS jetzt kommt, aber während ich für uns beide den Tisch belade, fange ich an, vor mich hin zu singen.
„Himbeereis zum Frühstück, Rock'n'Roll im Fahrstuhl. Nananana Nanaaa, ..."
Ich grabe grade noch nach den nächsten Zeilen dieses uralten Schlagers in meinem Gedächtnis, da schlingen sich plötzlich zwei lange Arme um meinen Bauch, und ein noch schlafwarmer Max steht hinter mir.
„Himbeereis wäre jetzt glaube ich keine schlechte Idee."Ich drehe mich um in seinen Armen.
„Guten Morgen, mein geliebter, verrückter Frechdachs. Eis ist so ziemlich das einzige, das ich nicht auf diesem Teewagen gefunden habe. Aber das können wir sicher nachher in der Stadt nachholen."
„Und warum machst du mir dann den Mund wässrig danach?"
Gespielt vorwurfsvoll schaut er mich an, bevor er genau da weiter macht, wo er heute Nacht aufgehört hat. Sanft greift er mir in meine Locken und gibt mir einen Gutenmorgenkuss.
„Was war das überhaupt für ein schräger Text???"
„Google doch mal nach ‚Himbeereis zum Frühstück'. Aber wundere dich nicht, wenn du dann Hirnkrämpfe kriegst. Dieser Schlager ist definitiv noch älter als ich. Meine Mutter hat den früher immer gesungen, wenn sie glücklich war."
„O.K. - auf Hirnkrämpfe kann ich verzichten. Ich halte mich einfach an dem schönsten Wort in deinem letzten Satz fest. Denn Hauptsache, du bist glücklich."
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Was sich neckt, das hasst sich
General FictionÄhhh - heißt das nicht eigentlich: "... das liebt sich" ??? Eigentlich ... Aber nicht, wenn ein notorischer Mathemuffel mit Hang zum verbalen Kahlschlag kurz vorm Abitur auf eine Lehrerin trifft, die mit Liebe zur Mathematik und einer ausgesprochen...