109 ** ehrlich währt am längsten ** Do. 30.1.2020

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In den letzten Tagen haben Toni und ich zusammen in ihrem großen Bett geschlafen

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In den letzten Tagen haben Toni und ich zusammen in ihrem großen Bett geschlafen. Naja – geschlafen ... Sie hat vor lauter Triggern nicht geschlafen – und ich vor lauter Wut. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass es die Hartmann ist und dass wir alle deshalb vielleicht schon bald wieder Ruhe haben, ist doch ziemlich groß. Lennart und ich sind heute Nachmittag bei Dr. Miegel. Herr Seitz lässt derweil seine Beziehungen spielen und das Auto von Frau Hartmann und die Fingerabdrücke kontrollieren. Und seine Kollegin kümmert sich um die arbeitsrechtlichen Aspekte. Denn vielleicht kann sogar an Tonis Doppelbelastung was gedreht werden.

So richtig dolle kann ich mich nach den zerhackten Nächten und vor dem entscheidenden Gespräch nicht konzentrieren, aber Lennart weiß das und setzt mich darum heute im Unterricht in die letzte Reihe. Ich darf mal wieder nur zusehen und muss nicht selbst auf den Prüfstand. Zwischendurch fahre ich nochmal nach Hause und sorge dafür, dass Toni was isst. Ich habe heute Morgen darauf bestanden, dass sie sich für den Rest der Woche krankschreiben lässt. Wenn der Miegel meint, er muss ihre Anwesenheit erzwingen – dann muss sie sich eben irgendwie anders erholen. Weder Toni noch ich sind Drückeberger, das liegt uns gar nicht. Aber Toni ist am Ende. Und selbst zu diesem Schritt musste ich sie zwingen.

Um kurz vor 15.00 Uhr stehen wir dann bei Frau Zimmermann und warten darauf, dass wir zum Direx rein können. Vor seinem Schreibtisch stehen zwei Stühle für uns bereit, Frau Zimmermann hat wohl den richtigen Riecher, denn sie bringt uns allen Kaffee rein und schließt dann die Tür von außen. Am kurzen Kratzen an der Tür kann ich erkennen, dass sie draußen das „Besprechung"-Schild an der Tür rumgedreht hat.

„Frau Tucher, Dr. Fahrendorf – was kann ich für Sie tun?"
Lennart hat mich gebeten, ihm erstmal das Reden zu überlassen. Also lächele ich höflich und halte meinen Mund.
„Wir sind gekommen, weil wir an der Praxisanleitung für Frau Tucher etwas ändern müssen. Im Grunde betreue ich sie direkt ja sowieso nur in Physik. Für Religion geht sie zunehmend bei anderen Fachlehrern mit, und Sport hat von vornherein Herr Recksing übernommen."
Der Direx kuckt ziemlich irritiert.
„Aber ich hatte immer den Eindruck, dass Sie beide sehr gut miteinander auskommen und gut zusammen arbeiten können. Warum jetzt ein Wechsel?"
„Weil sich die Umstände sozusagen ‚gewechselt' haben. Ich bin nicht mehr nur Mentor. Ich bin seit Anfang des Jahres auch der Partner von Frau Tucher, und somit darf ich nicht mehr ihr Mentor sein."
Stille. Die Nachricht hängt im Raum wie Zigarrettenqualm in einer Kneipe, und der Direx hat seine Gesichtszüge einen Moment lang nicht richtig im Griff.

Der Mann ist total bedient. Das wird wahrscheinlich als schlimmstes Jahr seiner Berufslaufbahn in seine lange angedrohte Autobiografie eingehen ...

„Dann ... gratuliere ich Ihnen ganz herzlich. Sie haben recht, dann müssen wir die Praxisanleitung tatsächlich auf andere Kollegen verlagern. Es sei denn, dass Sie, Frau Tucher, sich vorstellen k..."
„Ich fürchte, dass das Ihnen nicht weiter hilft, aber wenn wir es irgend vermeiden können, möchte ich einen Schulwechsel umgehen. Erstens müsste ich mich dann zehn Monate vorm zweiten Staatsexamen nochmal völlig neu orientieren, einige Lehrproben vielleicht sogar wiederholen, das würde extrem anstrengend oder sogar mein Referendariat um ein halbes Jahr verlängern. Und zweitens muss ich mich immer mit Frau Süß koordinieren, die – wie Sie vielleicht wissen – leider zur Zeit gezwungen ist, mit meinem Auto zur Helen-Keller-Schule zu fahren, weil sie anschließend immer noch hierher fahren muss."

Was sich neckt, das hasst sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt