120 ** die zweite Runde ** Do. 19.3.2020

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Ich habe am Dienstag nochmal für heute gelernt und gestern tatsächlich sechs Stunden in der Gärtnerei verbracht

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Ich habe am Dienstag nochmal für heute gelernt und gestern tatsächlich sechs Stunden in der Gärtnerei verbracht. Paul war auch dabei. Conny brauchte Hilfe beim Tomatenverziehen.
Eine echte Abwechslung zu Faust und Fontane ...

Jetzt ist Donnerstag Morgen, und heute werden wir in verschiedene Klausuren marschieren. Milly und ich gehen zum Deutsch-LK, Moritz und Paul schreiben heute Englisch-LK und Sebastian ...
„Sag mal, Sebastian, was schreibst du heute eigentlich?"
„Bio. Wird schon. Liegt mir."
Antoine hat von hinten seine langen Arme um Sebastian geschlungen und drückt ihn jetzt feste.
„Klar schaffst du das!"
Es sieht ja schon ein bisschen skurril aus. Zwei baumlange Kerle, Schränke mit muskelbepackten Schultern und Armen, weil ihr Sport nunmal vor allem Oberkörper- und Armmuskulatur erfordert – und die stehen da und kuscheln wie zwei frisch verliebte Teenies.

Wir schlachten die obligatorische Tafel Schokolade und gehen zur Aula. Der Rest ist bereits bekannt vom Montag. Begrüßung durch Herrn Erdmann, kurze Ermahnung. Raum aus der Liste ablesen, Sachen sortieren, loslaufen, Handy abgeben. Platz im Raum suchen, Krempel ausbreiten, geduldig nach vorne schauen und auf den Startschuss warten. Umschlag aufmachen, durchlesen, einen Vorschlag auswählen, konzentriert loslegen.

Der erste Vorschlag klingt so spannend, dass ich mir den zweiten gar nicht mehr anschaue. Da hat sich irgendein Literaturprofessor Gedanken gemacht über das Verhältnis zwischen Literatur und Wirklichkeit. Wir sollen den Text in Thesen fassen und dann die Bücher, die wir im Laufe der Q1 bis Q4 gelesen haben, dazu in Beziehung setzen.
Das ist soooo cool! Das ist ein echter Freibrief.

Als erstes versuche ich also, die Thesen zu formulieren. 1. Jeder Autor hat eine historische, kulturelle und persönliche Lebenswirklichkeit, die immer in das geschriebene Werk mit hineinwirkt. 2. spielt es eine Rolle, ob das Werk eine realistische oder eine phantastische Welt darstellt. 3. spielt es eine Rolle, für was für eine Literaturgattung sich der Autor entschieden hat. Und 4. hat jeder Lesende durch die eigene historische, kulturelle und persönliche Lebenswirklichkeit Filter, die sein Verständnis des gelesenen Textes beeinflussen.

Und dann habe ich den Geistesblitz. Ich nehme den Faust als Basis für alle vier Thesen. Und für die vier Thesen einzeln nehme ich jeweils noch ein anderes Werk dazu, und zwar so, dass ich im Endeffekt mehrere Literaturgattungen und mehrere Epochen abgedeckt habe. Schnell mache ich mir eine Liste. Faust ist ein klassisches Drama. Dann nehme ich noch dazu ... hm. Ein romantisches Gedicht, eine naturalistische Novelle, propagandistisch gefärbte Lieder aus dem dritten Reich und einen modernen Roman. Das sind nämlich die bevorzugten Gattungen jeweils dieser Epochen. Schnell checke ich, was wir dazu gelesen haben, und welches Werk ich welcher These zuordne. Dann kann ich anfangen, erstmal den Faust für alle vier Thesen anzuschauen. Ich tauche ab in andere Welten und schreibe und schreibe und schreibe.

Fünf Stunden später schlendere ich zufrieden zur Aula, um dort auf die anderen zu warten. Nach und nach trudeln alle Abiturienten mit mehr oder weniger zufriedenen Gesichtern vor der Aula ein. Wir dürfen unseren Kram rausholen und versammeln uns automatisch nochmal unter der Eiche, um kurz zu erzählen, wie es für uns gelaufen ist.

Was sich neckt, das hasst sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt