052 ** der Morgen danach ** Do. 26.9.2019

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Als sich mein Verstand am nächsten Morgen mühsam zurückmeldet, fühlt es sich seltsam warm und eng an im Bett

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Als sich mein Verstand am nächsten Morgen mühsam zurückmeldet, fühlt es sich seltsam warm und eng an im Bett. Aber irgendwie auch sehr gemütlich. Ich klappe ein Auge auf.
Ups.
Ich klappe es schnell wieder zu.
Hab ich das geträumt???
Ich klappe das andere auf. Dadurch verändert sich die Perspektive – aber nicht die Tatsache, dass ich bei Max im Bett liege und ihn in den Armen halte. Ich stelle die Szene scharf, indem ich ruckartig beide Augen ganz weit aufreiße. Das hat allerdings vor allem zur Folge, dass ich bei dem niedlichen Anblick schier dahinschmelze und mich beherrschen muss, dass ich nicht losquietsche.
Himmel, ist das süß! Und seeeeehr anziehend ...
Max liegt eingekugelt neben mir, den Kopf auf meinem Arm, die Hand fest um das „hässliche Entlein" geklammert und unter sein Kinn geklemmt. Seine Haare sind wild verwuschelt, er hat sich seit Montag nicht rasiert und darum jetzt einen stoppeligen Dreitagebart, er atmet tief und ruhig. Und selbst in diesem Zustand ist sein feines Lächeln einfach umwerfend.
Jepp – ich bin verliebt.

Ich dumme Nuss! Ich hab mich in meinen Schüler verliebt! Hoffentlich rennt er nicht vor Schreck davon, wenn er demnächst aufwacht. Wer weiß, ob er sich überhaupt noch an gestern Abend und heute Nacht erinnern kann! Ich glaub, das erspar ich mir lieber. Und selbst, wenn er sich erinnert. Wer weiß, ob er das heute noch genauso sieht wie gestern.
Ich wurschtele gaaaaanz vorsichtig meinen Arm unter seinem Kopf hervor und bewege mich in Zeitlupe aus seinem Bett, rückwärts kriechend wie Winnetou im Unterholz. Er brummt unwillig im Schlaf, weil ihn das Geruckel stört, aber er wacht nicht auf. Und selbst das ist noch unglaublich ... anziehend.

Ich schlüpfe schnell unter meine eigene Decke, in mein eigenes Bett, wo es nicht halb so schön kuschelig und warm ist, und starre unverwandt zu Max rüber, der friedlich weiter schläft. Die Geschichte von seiner Mutter, die er mir in der Nacht anvertraut hat, ist besorgniserregend. Der Vater hat offensichtlich den Tod der Mutter so überhaupt nicht verarbeitet, dass er alle und alles um sich herum seinem Willen unterwerfen will. Das wird immer wieder knallen, und schließlich wird Max mitten im Abi-Endspurt zu Hause rausfliegen, wenns ganz hart kommt. Auch seine Stiefmutter Tanja tut mir leid. Und der Schwester, Tante Jana, muss es seit Jahren das Herz im Leibe rumdrehen, dass der Schwager so konsequent versucht, ihre Schwester aus den Erinnerungen zu löschen.

Mäxchen. Was für ein großes Vertrauen er in mich hat!
Vielleicht hat er es ja gar nicht gemerkt, aber er hat mir ohne jede Scheu erzählt, dass seine Mutter ihn Mäxchen genannt hat. Ein Siebzehnjähriger!
Ein ganz besonderer Siebzehnjähriger ...
So ganz durchschaue ich das alles noch nicht. Aber dass er gestern Abend einfach umgeschaltet hat auf liebevoll, zärtlich, einfühlsam und ... irgendwie erwachsen – das hat mich ziemlich verblüfft.
Naja, wir haben uns ja gestern selbst überholt.
Hoffentlich denkt er nicht, dass er für mich zu jung ist, wenn er erstmal Zeit zum Nachdenken hat. Die sechs Jahre werden sicher noch eine Weile eine Hürde sein, mit der wir sehr bewusst umgehen müssen.

... Ähm. Ich bin ja wohl nicht ganz dicht. Wenn wir das Dreivierteljahr Schauspielerei überstehen, sind wir schon richtig gut.
Ich kratze mich am Kopf und zweifle etwas an meinem Verstand.
Wenn ich ehrlich bin: wenn wir über diese Woche rauskommen, sind wir schon gut.
Das hier ist eine Seifenblase, die wir schon heute Nachmittag aufpieksen müssen, bevor die Gruppe zurückkommt.

Was sich neckt, das hasst sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt