Heute bin ich vor Anni wach, und darum sorge diesmal auch ich für unser Frühstück. Als der Teewagen hoch gebracht wird, schiebe ich ihn gaaaaanz leise zur Terrasse und decke draußen schon mal den Tisch. Dann setze ich mich auf mein Bett und warte einfach ab. Es ist etwas Besonderes, meiner Freundin beim Schlafen und beim Wachwerden zuzusehen. Wie anderes sehen die Gesichter der Menschen aus, wenn sie schlafen! Gar nicht unbedingt friedlich und entspannt. Denn der Kopf kann unser Gesicht nicht beeinflussen, wenn wir schlafen. Da gibt es kein Pokerface. Alles ist zu sehen: der Traum, die Situation, Ängste oder andere Gefühle zeigen sich auf den Mienen von Schlafenden. Manchen Menschen kann man fast vom Gesicht ablesen, was sie grade träumen. Anni hingegen liegt heute butterweich und entspannt in ihrem Bett. Und wenn sie etwas träumen sollte, dann muss es etwas Schönes sein, denn sie lächelt. Ich lasse sie einfach schlafen, bis sie von alleine aufwacht, und gehe in der Zwischenzeit schon mal ins Bad.
Als ich wieder rauskomme, ist Anni grade aufgewacht und reckt sich ganz ausgiebig.
„Guten Morgen, meine Süße! Hast du gut geschlafen?"
„Ja, sehr. Ich könnte glatt zur nächsten Runde durchstarten."
Äh. War das eine Aufforderung zum Frechwerden? Bestimmt!
Lächelnd gehe ich auf sie zu und beuge mich über sie.
„Was müsste ich tun, damit du nicht wieder einschläfst?"
Annis Augen weiten sich. Ich höre es förmlich rattern hinter ihrer Stirn. Sie hat sofort kapiert, was sie sich da grade eingebrockt hat.
„Och, nichts. Ich steh schon auf."
Denkste!
Ich küsse sie intensiv und ausdauernd.
„Wohin so eilig?"
„Bäh! Weg von deinen tropfenden Haaren!"
Sie schlüpft zwischen meinen Armen hindurch und flüchtet sich ins Bad. Mein Lachen hört sie wahrscheinlich noch unter der Dusche. Ich wappne mich vorsichtshalber für den Fall, dass sie sich gleich an mir rächen will, denn natürlich kann sie mich mit ihrer Wuschelmähne sehr viel effektiver nassspritzen als ich sie mit meinen paar kurzen Haaren. Zum Glück bleibt sie dann jedoch friedlich, als sie wieder aus dem Bad rauskommt. Der Hunger treibt sie direkt auf die Terrasse an den Frühstückstisch, da bleibt keine Zeit für kleine Racheaktionen.Für den Vormittag haben wir einen Gang durch die alten Straßen zum jüdischen Friedhof und zum Holocaust-Mahnmal geplant. Außerdem muss irgendwo da in der Nähe auch das Alchemisten-Museum versteckt sein.
Das jüdische Viertel ist leider vor etwa hundert Jahren komplett geräumt worden, um neuer Bebauung zu weichen. Nur sehr wenig ist von der alten Bausubstanz erhalten, und die Atmosphäre des historischen Judenviertels ist dadurch vollständig verloren gegangen. Aber mehrere Synagogen, die die Nazis und den zweiten Weltkrieg überstanden haben, liegen noch heute nahe beieinander und können zum Teil besucht werden. Nach dem ausgiebigen Frühstück bunkern wir die Reste in unserem kleinen Kühlschrank und machen uns zu Fuß auf, diesen Teil Prags zu erkunden. Die Wetter-App hat einen richtig heißen Tag angekündigt.Je näher wir dem Friedhof kommen, desto öfter sind dicke Messing"steine" ins Pflaster vor den Häusern eingelassen. Sogenannte Stolpersteine. Auf jedem von ihnen steht der Name eines jüdischen Menschen, der hier gewohnt hat, bevor er von den Nazis quer durch Europa und schließlich in den Tod geschickt wurde. Trotz der Wärme läuft mir immer wieder eine Gänsehaut den Rücken runter. Wir lesen ein paar der Namen. Manchmal sind ganze Familien verschleppt worden. Niemand wurde verschont. Ganz alte und ganz junge Menschen, Kinder! Man kommt in Deutschland ja gar nicht drumrum, von diesem schlimmsten Verbrechen in der Geschichte des deutschen Volkes zu erfahren. Aber diese Namen vor den Häusern machen sprachlos. Den Gequälten wird auf diese Weise ihr Name, ihre Würde zurück gegeben. Es dauert eine ganze Weile, bis wir unser eigentliches Ziel erreichen. An diesen Steinen kann man einfach nicht vorbeirennen.
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Was sich neckt, das hasst sich
General FictionÄhhh - heißt das nicht eigentlich: "... das liebt sich" ??? Eigentlich ... Aber nicht, wenn ein notorischer Mathemuffel mit Hang zum verbalen Kahlschlag kurz vorm Abitur auf eine Lehrerin trifft, die mit Liebe zur Mathematik und einer ausgesprochen...