Bin ich nervös? Neeeeiiiiin, gar nicht!
Jenny hat mich heute Morgen dermaßen ausgelacht! Die ersten vier Stunden kriege ich irgendwie rum, das sind andere Klassen. Aber in der 5. und 6. habe ich Mathe in der Zwölften - also – mit Max und Co. Max drückt mir gleich am Anfang seine beachtliche Latte an Fragezeichen zur ersten Statistik-Hausaufgabe in die Hand, und ich muss mir echt das Lachen verkneifen.
Er nimmt es mit Humor ...
Er hat die Aufgabe aus dem Buch mit großen Lücken dazwischen auf ein Blatt geschrieben und überall entzückende, kreativ gefüllte Denkblasen dazwischen gemalt, beschriftet mit durchaus durchdachten Fragen und vielen, lustigen bunten Fragenzeichen.
Wenn er DAS durchhält, kann ich ihm wirklich gut helfen, weil wir keine Zeit verschwenden damit, dass ich ihm alles aus der Nase ziehen muss.Ich hole tief Luft und versuche, seine Nervosität nicht auf mich überspringen zu lassen, denn es ist offensichtlich: der arme Junge dreht grade am Rad. Der Nachmittag heute entscheidet mit über sein Abi und über seine Berufsträume. Kurz nicke ich ihm zu und mache ein Daumenhoch, dann starte ich mit dem Unterricht und gehe die Hausaufgabe an der Tafel Stück für Stück durch. Bei jedem Fragenzeichen von Max halte ich an und stelle schnell fest, dass er nicht der einzige ist, der an der Stelle hängengeblieben ist. Bei den meisten fällt dann der Groschen, und sie können nach und nach immer selbständiger ihre Knackpunkte überwinden.
Nur Max ist dann doch ziemlich bald abgehängt, weil er offensichtlich über Jahre hinweg Lücken in den grundsätzlichen Rechenregeln angesammelt hat. Aber ich kann auf seinen Blättern gut jeweils notieren, WAS ihm da grade fehlt. Ich sehe, dass er immer verzweifelter aus der Wäsche kuckt, will ihn aber nicht blamieren. Also spreche ich schließlich den ganzen Kurs an.
„Alle, die heute noch Mühe haben, müssen sich keine Sorgen machen. Das ist die zweite Stunde, das ist die allererste Aufgabe, das ist eine völlig neue Art zu denken. Je klarer ihr mir heute sagen könnt, an welchen Stellen es genau hakt, desto besser kann ich in den nächsten Wochen die kleinen Lernschritte einteilen. Und dann kriegt ihr das alles hin."Nicht nur Max kuckt wieder zuversichtlicher, auch zum Beispiel Murat und Annika atmen auf. Lore reibt Annika einmal freundschaftlich über den Rücken, und Annika schaut sie dankbar an.
Schön! Die beiden haben sich echt gefunden. Und Lore kann etwas Selbstbewusstsein daraus ziehen, dass sie nicht nur Anhängsel sondern auch Hilfe ist.
„Gut. Dann wenden wir uns jetzt einer ganz ähnlichen Aufgabe zu, die wir ebenfalls gemeinsam durchgehen werden. Und als Hausaufgabe gibt es die Dritte. Und ich sage ausdrücklich dazu, dass ihr die Ergebnisse zwar nicht von anderen abschreiben, aber gerne Zweiergruppen bilden und die Aufgabe gemeinsam lösen dürft. Ihr kennt mich, ich bin nicht blind. Nutzt das Angebot ehrlich."Ich schreibe eine Aufgabe an, die genau den selben Denkprozess und Rechenweg erfordert, nur ein paar verschobene Voraussetzungen hat, und gehe auch diese Aufgabe gemeinsam mit dem Kurs durch. Das klappt bei den meisten schon viel besser. Schließlich teile ich die Hausaufgabe aus und fordere sie auf, in den letzten paar Minuten Fragen dazu zu stellen oder Kleingruppen für die Aufgabe zu verabreden. Dann beschließe ich den Unterricht.
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Was sich neckt, das hasst sich
General FictionÄhhh - heißt das nicht eigentlich: "... das liebt sich" ??? Eigentlich ... Aber nicht, wenn ein notorischer Mathemuffel mit Hang zum verbalen Kahlschlag kurz vorm Abitur auf eine Lehrerin trifft, die mit Liebe zur Mathematik und einer ausgesprochen...