059 ** Start in die Herbstferien ** Mo. 30.9.2019

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WOW! Ich bin ja ganz begeistert von mir selber!!!
Ich habe ehrlich gesagt, was ich will, habe eine tolle Show hingelegt, habe ihre Klärungsversuche gekonnt abgeblockt - Und sie dabei systematisch in Stücke gefetzt. Anders hätte ich es nicht ausgehalten. Ich wäre weich geworden. Und wir können doch nicht im Wochen-Rhythmus On-Off spielen! Aber ich darf nicht darüber nachdenken, was ich Anni ...
Stop!
Frau Süß damit angetan habe. Sie hat gelitten wie Hund. Und wenn sie nicht hingesehen hat, dann hätte ich mich am liebsten auf meine zitternden Hände gesetzt und Sturzbäche geheult vor Scham und vor Schmerz. Ich musste mich immer wieder so zwingen, dass ich sie nicht ansehe. Am Ende bin ich geflohen wie ein Hase. Ich hatte das Gefühl, dass ich bald keine Luft mehr bekomme.

Was bin ich doch für ein Arschloch.
Wir kann ich der Frau, die ich liebe – egal, was sie getan oder gelassen hat – so sehr weh tun???

Allein mit ihr in einem Raum zu sein, reißt mich in Stücke. Ihre Nähe lässt mich kribbelig fühlen. Meine Haut fühlt immernoch ihre Hände. Ihre grünen Augen, ihre sanften Blicke gehen mir nur vom Drandenken durch und durch. Aber die Nachhilfe hinzuschmeißen, ist keine Option. Ich brauche Mathe wirklich bis ganz zum Schluss. Wenn ich mich vor der praktischen Prüfung verletze, muss ich in Mathe als Ausweichfach in eine mündliche Prüfung. Ich MUSS weiter da hin. Über Mathe mündlich darf ich gar nicht nachdenken, keine Ahnung, wie das gehen soll. Aber es wird einfach grauenvoll werden für uns beide, wenn wir weiter miteinander Mathe machen.

Wie ein gehetztes Wild radele ich nach Hause und fühle mich hundeelend. Was für eine Tortur! Jetzt hab ich zwar die Hartmann aus dem Kreuz. Aber dafür hab ich meinen Vater verloren, und muss irgendwie Frau Süß wieder aus meinem Herzen und Kopf kriegen. Das fühlt sich ziemlich unmöglich an.

Onkel Thorsten trifft sich Dienstag Morgen mit der Süß, um mit ihr alles zu besprechen, was die Hartmann und mich betrifft. Frau Süß hat sich für den Termin gewünscht, das sie sich in der Schule treffen.
Warum wohl ... Sie geht mir aus dem Weg. Ob das wohl das schlechte Gewissen ist?
Mir ist schon klar, dass es auch ihr weh tut, dass sie mich nicht schützen konnte. Und dass ich sie jetzt gleich wieder so abserviert habe. Aber ich glaube immernoch, dass sie das hätte verhindern können.

Am Mittwoch fährt Onkel Thorsten dann mit dem Vorstand vom Schulelternbeirat und Dr. Miegel nach Düsseldorf zum RP. Sie haben eine lange Unterredung mit dem Zuständigen für den Bezirk Essen. Wie erwartet wissen die dort auch nach gründlicher Suche in älteren Akten von all den Vorfällen, die im Laufe der Jahre beim städtischen Schulamt gemeldet wurden, absolut nichts. Das würde auch erklären, warum die Hartmann sich immer so verdammt sicher gefühlt hat. Mehr darf mir Onkel Thorsten nicht verraten. Aber eines ist klar: Dieser gefakte Brief war ihr letzter Akt in diesem Trauerspiel. Es wird jetzt sogar von oben aus eine Untersuchung im Essener Schulamt geben, weil da wohl echt was faul ist.

Irgendwie überstehen wir die Mathe-Termine am Mittwoch und Freitag. Und den Rest der Woche verbringe ich damit, die Fülle an Informationen, die ich für die Facharbeit gesammelt habe, in eine vernünftige Form zu gießen. Ich muss sogar streichen und ein Unterthema weglassen, weil ich sonst völlig den Rahmen sprenge. Es ist nach wie vor eine faszinierende Arbeit, weil und obwohl es so viel mit mir zu tun hat. Ich muss mich sehr konzentrieren und immer wieder drüberlesen, damit ich mein Persönliches und die Fachinformationen auseinander gehalten kriege. Aber es lenkt mich ab und holt mich runter.

Allmählich fühle ich mich wieder ganz gesund und habe mich in meinem neuen Zuhause gut eingerichtet. Die Familie Seitz war immer mein zweites Zuhause und Tante Jana immer wie eine zweite Mutter. Alle Wege sind gleich geblieben, alle meine Kontakte sind stabil, nun ist auch noch Antoine dazu gekommen. Äußerlich merke ich also von dem Umzug nicht viel. Aber immer, wenn ich komme oder gehe und unsere Haushälfte sehe, denke ich daran, dass Tanja nicht mehr da ist und ich da vielleicht nie wieder reingehen werde. Und das ist echt scheiße schwer.

Was sich neckt, das hasst sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt