Heute noch die Grundkursklausur in Geschichte, und dann ist das schriftliche Abi auch schon rum. Die Zeit rast. Im letzten August hab ich gedacht, dieses Jahr würde nie vergehen. Oder zumindest: ich würde spätestens nach einem halben Jahr zusammenbrechen. Es ist kaum zu glauben, WIE viel Hilfe ich gehabt habe von WIE vielen Menschen um mich drumrum. Anni hat damals recht gehabt – Erwachsen sein wollen und eigenverantwortlich handeln wollen ist ja schön und gut. Aber ohne die Hilfe von so vielen hätte ich das nicht alles durchgestanden. Ich habe dieses Korsett tatsächlich gebraucht und schließlich auch dankend angenommen.
Eigentlich muss ich ihr das bei Gelegenheit mal sagen.Aber jetzt kommt erstmal die Klausur. Ich bin wie immer pünktlich da, in der Aula läuft das übliche Procedere, ich kann mich auch schnell für einen Klausurvorschlag entscheiden und arbeite konzentriert los. Nach drei Stunden hab ich es geschafft, bin wieder sehr zufrieden und komme schließlich aus der Aula mit meiner Tasche und einem wehmütigen Blick zurück.
Auf dem Weg nach draußen begegne ich Dr. Fahrendorf, der mir lächelnd zuwinkt.
„Und, Max, wie ist es gelaufen?"
Ich bleibe bei ihm stehen.
„Dreimal so, wie ich es mir vorgestellt und gewünscht hatte. Richtig gut. Und grade hab ich in der Tür zur Aula gestanden und mich gefragt, wo die acht Jahre bloß geblieben sind. Und WAS da alles passiert ist. Ich kann das noch gar nicht realisieren, dass Schule für mich nun bald ganz vorbei sein soll."
Er klopft mir auf die Schulter und grinst.
„Das ist normal. Gut, dass jetzt ein bisschen Abstand bis zu den nächsten Prüfungen ist. Da könnt ihr euch langsam an den Gedanken gewöhnen. Außerdem habt ihr sicher noch einiges vor. Abi-Streich und Abi-Ball liegen ja fest in eurer Hand. Ich bin schon neugierig, was ihr euch habt einfallen lassen."Wir laufen gemeinsam ins Erdgeschoss, bevor sich unsere Wege wieder trennen.
„Stimmt, aber in dem Projekt war ich ja nicht. Ich erfahre das auch erst jetzt so nach und nach. Für uns Tänzer steht außerdem erstmal in zehn Tagen der Festtag des Tanzstudios an. Sozusagen unsere Generalprobe fürs praktische Abitur."
„Dürfen an dem Tag eigentlich auch Außenstehende zum Zuschauen kommen?"
„Klar, warum nicht?"
„Dann schick uns dochmal die Eckdaten in die Gruppe."
„Mach ich. Bis ... äh. Bis wann eigentlich?"
„Na, spätestens bis zur Aufführung."Heute radele ich direkt nach der Schule zur Gärtnerei, denn Conny hat am Wochenende gut verkauft und viele Bestellungen reinbekommen. Die Nachbereitung des Events macht fast genauso viel Arbeit wie die Vorbereitung. Moritz, Milly und Sebastian sind auch dabei, Paul hängt ein letztes Mal über den Physikunterlagen für morgen, obwohl er das eh alles kann.
Und Antoine kämpft mal wieder mit allem möglichen und unmöglichen Papierkram. Seine Eltern wollen ihn Ostern ranpfeifen oder ihm den Geldhahn endgültig abdrehen, Hugo Berg rät dringend davon ab. Stattdessen hat er ihm geraten, dafür zu sorgen, dass sein Konto sicher ist und seine Eltern ihm nicht alles wegnehmen können. Sein Aufenthaltsstatus ist in Frage gestellt, weil er ja nicht mehr zur Schule geht. Er muss also an ein paar entscheidenden Schreibtischen mit seinem deutschen Pass wedeln. Und er braucht ganz dringend einen vernünftigen Job, damit ihn seine Eltern nicht mehr unter Druck setzen können. Zumal die neue Wohnung ja auch ein bisschen mehr kosten wird. Also hockt er jetzt grade auf dem Arbeitsamt und versucht, in einem der ortsansässigen Nachhilfeinstitute als Französischlehrer unterzukommen.
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Was sich neckt, das hasst sich
General FictionÄhhh - heißt das nicht eigentlich: "... das liebt sich" ??? Eigentlich ... Aber nicht, wenn ein notorischer Mathemuffel mit Hang zum verbalen Kahlschlag kurz vorm Abitur auf eine Lehrerin trifft, die mit Liebe zur Mathematik und einer ausgesprochen...