084 ** ein Engel ** Di. 24.12.2019

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Meine Eltern bedrängen mich nicht

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Meine Eltern bedrängen mich nicht. Nie.
Das letzte Mal, dass sie mich so beobachtet haben, ist Ewigkeiten her. Fünf Jahre ...
Dass sie heute so direkt nachfragen, wie es mir geht, ist sehr ungewöhnlich und zeigt, dass sie sich wirklich Sorgen um mich machen. Also essen wir erst Kekse miteinander und albern ein bisschen rum. Dann hole ich tief Luft, gebe mir einen Ruck und fange an zu erzählen.

„Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, und es fällt mir auch echt schwer. Aber ihr habt recht, die letzten fünf Monate waren extrem hart, haben viel von mir verlangt, haben mich Achterbahn zwischen Glück und Trauer fahren lassen - und mich leider auch wieder sehr getriggert. Der November war ... nicht lustig. Aber da das alles mit Menschen zu tun hat, die mir extrem wichtig sind, kann ich euch lange nicht alles erzählen, und das müsst ihr bitte akzeptieren."
Meine Mutter greift nach meiner Hand.
„Kind, du musst uns überhaupt nichts erzählen, das weißt du. Aber - ja, wir machen uns Sorgen, seit du Anfang Oktober hier so planlos und verschlossen rumgeirrt bist drei Tage lang."

„Hm. Das war auch ein Teil davon. Vor euch kann ich echt nichts verstecken. Also ... Ich habe meine Prüfungen geschafft, hatte einen tollen Urlaub mit Jenny in Schweden, bin glücklich als Lehrerin am Beethoven-Gymnasium, freue mich wie Bolle, dass Jenny auch ihr Referendariat dort machen kann und darf in mein Berufsleben starten mit einem fachlich wie menschlich einfach bombastischen Sport-LK, der es mir leicht macht, Berufserfahrung zu sammeln und meine eigene Rolle als Lehrerin zu definieren."
„Aber?"
„Ich hab mich verliebt. In einen ganz wundervollen Menschen. ... Und er hat sich auch in mich verliebt. Aber es liegen Welten und echte Hindernisse zwischen uns. Wir kriegen es einfach nicht gebacken, was teilweise echt weh tut. Ich habe ihm noch nicht erzählt, was damals passiert ist, weil ich ihn nicht unter Druck setzen oder Mitleid ernten will. Aber das hat zur Folge, dass er eben auch nicht wissen kann, was mich triggert."

Mamas Stimme wird ganz weich.
„Und zack wars passiert. Richtig?"
„Genau. Im Oktober. Wie passend ... Im Gegensatz zu den letzten Jahren konnte ich darum das Kopfkino im November überhaupt nicht von mir weghalten."
Meine Mutter seufzt.
„Davor habe ich mich immer gefürchtet. Dass du wieder eine Beziehung eingehen möchtest und dadurch alles wieder hochkommt. Das tut mir furchtbar leid, mein Mädchen. Passt das denn sonst eigentlich?"
Passt es?
Mit Max?
Ich muss lächeln. Ich fange automatisch an zu schwärmen.
„In einem Dreivierteljahr kann ich euch mehr sagen. Er ist ein starker und weicher, schlauer und kreativer, frecher, witziger und empathischer Mensch, der eine ganz feine Ader dafür hat, was die Menschen um ihn drumrum brauchen. Er ist bedingungslos loyal und perfekt zum Pferdestehlen. Er ist ... toll!"

„Gut, das klingt wirklich gut. Damals war das mehr so ‚Hach, ist der süß, und so schööööön, und er hat sich MICH ausgewählt!' Aber jetzt hast du wohl jemand gefunden, der dein Herz und deine Seele anspricht. Ich frage nicht weiter. Eines Tages werden wir auch den Grund erfahren, warum wir jetzt nicht mehr erfahren. Und das ist in Ordnung so."

Was sich neckt, das hasst sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt