Nach dem Kaffee treffen wir uns im Gruppenraum. Max bestaunt kurz die Pappkameraden, und als alle da sind, machen wir eine Namensrunde für ihn. Die anderen Partner sind ja schon ab und zu aufgetaucht und uns allen bekannt. Max sagt einfach zwei Sätze über sich persönlich und gibt den anderen dann eine Gedankenstütze.
„Ich bin der Typ, der hinter A... Antonias Denkmal gehockt hat. Ich bin jetzt hier, damit wir gemeinsam den Vorschlaghammer schwingen können, um das Denkmal einzureißen."Und dann kommt tatsächlich der Sprung ins kalte Wasser. Wir singen einige Lieder und hören dann eine Andacht über die Zeit zwischen Karfreitag und Ostern. Der Verlust des Freundes und Meisters, die Empörung über den Verrat, Petrus Scham, weil er Jesus verleugnet hat, die Angst vor Verhaftung – alles zutiefst zwischenmenschliche Situationen und menschliche Gefühle. In der Mitte unseres Sitzkreises liegen breite Latten und Knüppel, Schnüre und Draht, und es werden Farben, Pinsel und anderes Kreativmaterial bereit gestellt.
Walther stellt uns dann eine Aufgabe.
„Wir alle haben unser Paket zu tragen, wir tragen sozusagen unser eigenes Kreuz wie eine schwere Last durchs Leben. Einige Lasten habt ihr uns in den letzten Tagen schon anvertraut, andere werden noch folgen. Manche Lasten erlegen wir uns selbst auf, andere werden uns aufgeladen, ob wir wollen oder nicht. Aber für jeden gilt: bringe deine Lasten ans Kreuz und lasse dich befreien. Gestalte dein persönliches Kreuz mit deinen Lasten und erleichtere so dein emotionales Gepäck.Ihr habt den Rest des Tages Zeit, euer Kreuz zu gestalten. Zwei Stunden bis zum Abendessen und hinterher auch. Ihr könnt hier bleiben, euch mit eurem Kreuz draußen auf Wanderschaft begeben, euch noch anderes Material zusammensuchen. Es wird immer jemand vom Team im Raum sein, ihr könnt alleine oder zusammen arbeiten, reden oder schweigen. Es kommt nicht auf schön oder fertig an, sondern auf euren inneren Prozess beim Gestalten. Lauscht in euch hinein und findet die Lasten, die ihr loswerden, die ihr ans Kreuz bringen wollt."
Einen Moment lang ist es ganz still im Raum. Erst nach einer Weile greifen die ersten nach Brettern oder Stöcken und überlegen, wie ihr Kreuz aussehen soll. Ohne uns abzusprechen, warten Max und ich einfach ab. Ich mache mir ein paar Notizen, um meine spontanen Gedanken und Gefühle festzuhalten. Als alle anderen ausgewählt haben, gehen auch wir in die Mitte und entscheiden uns für unsere Kreuzesbalken. Damit gehen wir raus und suchen uns einen Sitzplatz in der Nähe des Hauses.
Ich hole grade Luft, um ein Gespräch zu beginnen, aber Max ist schneller.
„Du musst nichts erklären. Ich nutze das hier einfach als meine Chance, auf dieses Jahr zurückzuschauen und drüber nachzudenken, was mir eine Last war – und was mir geschenkt wurde."
Manchmal ist er mir unheimlich. Er hat schon wieder ...
„Kannst du Gedanken lesen? Ich wollte tatsächlich grade anfangen, dir alles Mögliche zu erklären und zu begründen."
Max lächelt und gibt mir einen Kuss.
„Nö, Gedanken lesen kann ich nicht. Aber dein Gesicht lesen – das kann ich inzwischen ziemlich gut."
„Mein Gesicht? Wie hab ich denn gekuckt?"
„Hmmmm ..."
Der Schalk blitzt in seinen Augen.
„So ... besorgt. Da schielte die Glucke um die Ecke. Aber die brauchen wir ja nicht mehr."
Ich bin verblüfft – denn er hat nochmal recht.
Weg mit der Glucke!
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Was sich neckt, das hasst sich
General FictionÄhhh - heißt das nicht eigentlich: "... das liebt sich" ??? Eigentlich ... Aber nicht, wenn ein notorischer Mathemuffel mit Hang zum verbalen Kahlschlag kurz vorm Abitur auf eine Lehrerin trifft, die mit Liebe zur Mathematik und einer ausgesprochen...