Puh, das war ein Gerödel, bis wir Antoine ohne finanziellen Schaden aus diesem Stipendium rausgeeist hatten! Der Amtsschimmel hat ja sowas von laut gewiehert! Deutscher Pass her, Krankschreibung hin – wenn er nicht in die Schule geht, kriegt er das Stipendium nicht mehr. Er muss also seine Finanzierung komplett irgendwie anders geregelt kriegen.
Sogar seine Eltern sind angerauscht gekommen und haben ihn in die Mangel genommen. Am liebsten hätten sie ihn gefesselt und geknebelt und abgeschleppt. Aber wir hatten das kommen sehen, und darum war Antoine nicht in seiner Wohnung, als sie ankamen, sondern bei Moritz. Und das Treffen mit seinen Eltern fand bei Hugo Berg statt. Das letzte, was seine Mutter zu ihm sagte, bevor die beiden stinksauer zur Tür rausgerauscht sind, war eine offensichtliche Drohung.
"Wag es nicht! Und glaub bloß nicht, dass wir unter diesen Bedingungen weiter die Wohnung für dich bezahlen!"Das Coole war – ich mein', eigentlich ist es traurig. Aber Sebastian hat sich bei uns im Kurs so freigeschwommen, dass er es nach und nach gewagt hat, sich zu Hause aufzulehnen gegen die Diktatur seiner Eltern. Und als sie ihn zurückstecken wollten in die familiäre Zwangsjacke, tauchte bei uns grade die Frage auf, wer um Himmels Willen denn die Wohnung von Antoine finanziert, während er in der Klinik ist. Die Lösung war ganz einfach. Sebastians Eltern haben seinen Auszug akzeptiert – wenigstens das - und ihm einen vernünftigen Lebensunterhalt zugesagt. Also ist er zu Antoine gezogen.
Die Bude ist zwar winzig und abgewrackt. Aber die beiden haben sich ein Wochenende Zeit genommen, um Zimmer und Miniküche so umzuräumen, dass sie darin leben können, ohne sich auf die Nerven zu gehen. Sie haben sich ein Stockbett angeschafft, den Schreibtisch verlängert und den Kleiderschrank aufgeräumt. Nach dem IKEA-Motto „leb vertikal, wenn du wenig Quadratmeter hast" haben sie jeden Zentimeter auch in die Höhe genutzt und fühlen sich nun wohl. Ein paar gemeinsame Spielregeln haben gereicht, weil beide ähnliche Bedürfnisse haben.
Sebastian arbeitet fleißig weiter aufs Abitur zu, während Antoine eigentlich nur noch zur Schule geht, solange das Stipendium noch läuft, weil ihm der Kontakt zu uns gut tut und er die Zeit bis zum Klinikaufenthalt sinnvoll füllen will. Er wird einfach so lange weiter lernen, bis sein Termin kommt, und hinterher wahrscheinlich nicht wieder einsteigen. Beiden tut diese Mini-Männer-WG unglaublich gut, weil sie im Grunde ein Schicksal teilen – übergriffige Eltern, die ihre Kindheit geraubt und ihre Persönlichkeitsentwicklung behindert haben.
Moritz hat am Ende der Herbstferien seine Führerscheinprüfung bestanden und fährt jetzt ab und zu das Auto seiner Mutter, damit er Übung hat. Sehr spannend finden Lasse, Paul und ich, dass Moritz seine Abwesenheit bei gemeinsamen Unternehmungen neuerdings nicht mehr mit Fahrstunden sondern mit „da bin ich mit Milly im Kino" begründet.
Und lange kann er das auch nicht unter dem Deckel halten. Er ist toooooootal verliebt in seine Zirkusmaus, wie er sie nennt, und Milly ist auch „nicht abgeneigt". Entsprechende Feuerblicke erntet Lasse im Sonntagstraining, wenn er mit Milly Chacha trainiert für die Aufführung. Aber Milly ist sowieso schon so sehr Teil unserer Clique geworden, dass sie nun einfach ganz reinrutscht, und Lasse lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.
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Was sich neckt, das hasst sich
General FictionÄhhh - heißt das nicht eigentlich: "... das liebt sich" ??? Eigentlich ... Aber nicht, wenn ein notorischer Mathemuffel mit Hang zum verbalen Kahlschlag kurz vorm Abitur auf eine Lehrerin trifft, die mit Liebe zur Mathematik und einer ausgesprochen...