Bald ist auch Mittagessen. Als ich auf dem Weg zu meinem Zimmer am Empfang vorbei komme, drückt mir die Dame einen Brief in die Hand.
„Frau Süß? Der ist heute für Sie gekommen."
Huch??? Wer schreibt mir denn einen Brief? Und hierher? Wer weiß das ü... Jenny. Auwei. Da muss was passiert sein.
„Danke!"Ich rase die Treppe rauf in mein Zimmer und reiße den Umschlag auf. Schnell fange ich an zu lesen. Und was Jenny da schreibt, trifft mich wie eine kalte Dusche.
Max.
Schlagartig verstehe ich, was die anderen mit dem Denkmal meinen. In meiner Angst ist Adrian in meinem Kopf so übermächtig geworden, dass ich geglaubt habe, ich müsse ihn erst wegräumen, bevor ich Max an mich ranlassen kann. Ich selbst habe den alten Ängsten so viel Macht über mich gegeben. Aber statt Max als Kraft und Hilfe zu gewinnen, habe ich ihm dadurch ein riesiges Hindernis in den Weg gelegt. Und er wird an diesem Hindernis in meinem Kopf nicht vorbei kommen können, so lange ich ihn nicht lasse. Ich habe ihm ja nichtmal gesagt, dass ich hier bin und was ich hier mache.
Armer Max!
Ich war blind und habe mich darum für die falsche Reihenfolge entschieden.
Ich Idiot!Ich weiß gar nicht, was ich jetzt zuerst tun soll. Mit fahrigen Händen stelle ich mein Handy an und entsperre es. Sofort beginnt hektisches Gebimmel wegen all der Nachrichten von den Menschen, die nicht wissen, wo ich grade bin und dass ich ausgeschaltet habe. Immerhin war ich über drei Tage off. Ich lege das Handy erstmal weg, damit es sich ausbimmeln kann.
Als endlich Ruhe ist, greife ich es mir wieder und wähle schnell Max Nummer. Ich will keine Nachricht schreiben, es gibt kein Ausweichmanöver mehr. Er soll meine Stimme hören und spüren können, dass ich das ganz ehrlich meine.
Wenn er das überhaupt noch hören will. Denn diesmal hab tatsächlich ich Bockmist gebaut und ihm damit sicher sehr weh getan.Aufgeregt zähle ich das Klingeln, bis Max Gott sei Dank an sein Handy geht.
„Max hier."
„Max, hier ist Anni. Ich habe grade Jennys Brief bekommen. Und ich muss mich ganz furchtbar bei dir entschuldigen. Ich habe einen riesigen Fehler gemacht. Es tut mir so leid, Schatz. Hast du einen Moment zum Reden?"Erstmal ist beängstigende Stille am anderen Ende.
„Ich bin in der Gärtnerei. Warte, ich suche mir einen ruhigen Platz."
Ich höre seine Schritte am anderen Ende, dann schließt sich dort geräuschvoll eine Tür.
„So. Da bin ich. Ich höre dir zu."
Hilfe, klingt das abweisend. Max ist total dicht.
Nervös laufe ich in meinem Zimmer auf und ab. Das Mittagessen ist jetzt egal.„Max, ich schäme mich in Grund und Boden. Ich war so verängstigt und so auf mich fixiert, dass ich einfach nur noch weglaufen wollte. Es war nicht in Ordnung, dass ich dir nicht erzählt habe, was ich machen werde. Und dass das eine sehr spontane Entscheidung war, ist auch keine Entschuldigung. Dir hätte ich es als allererstes erzählen müssen. Es tut mir sehr leid. Hoffentlich kannst du mir verzeihen."
Stille am anderen Ende. Dann seufzt Max ganz tief auf.
„Natürlich verzeihe ich dir. Ich weiß nur nicht mehr, wie das weiter gehen soll. Wenn dich die Panik immer wieder so in die Selbstisolation treibt, dann bin ich dazu verdonnert, der ewige Zuschauer zu sein, der ab und zu ein Ergebnis serviert bekommt. Jenny hat ..."
„Jenny?"
„Ja, Jenny. Und Lennart. Erklär ich dir später. Sie hat sich Beine ausgerissen, mich zu trösten und dein Verhalten irgendwie zu erklären, ohne mir zu viel zu verraten. Und dabei hat sie ganz klar gesagt: ich versteh's diesmal auch nicht."
DU LIEST GERADE
Was sich neckt, das hasst sich
General FictionÄhhh - heißt das nicht eigentlich: "... das liebt sich" ??? Eigentlich ... Aber nicht, wenn ein notorischer Mathemuffel mit Hang zum verbalen Kahlschlag kurz vorm Abitur auf eine Lehrerin trifft, die mit Liebe zur Mathematik und einer ausgesprochen...