003 ** Alcatras ** 3. Ferienwoche Juli 2019

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„Moritz, du hast echt was gut bei mir

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„Moritz, du hast echt was gut bei mir. Seit zwei Wochen bist du fast jeden Tag bei mir und hilfst mir, den Putzwahn meines Vaters zu befriedigen. Du hast dir deine Ferien doch sicher anders vorgestellt."
„Klar. Aber du auch. Und wie ich das sehe, wirst du im nächsten Schuljahr die Quadratur des Kreises beweisen müssen, wenn du dein Abi schaffen willst. Da solltest du nicht schon am ersten Schultag aus dem letzten Loch pfeifen."
Promt fliegt ihm ein Sofakissen um die Ohren.
Werfen? Kann ich.
„Wage es nicht noch einmal, in meiner Gegenwart irgendwas Mathematisches zu erwähnen. Ja, ich werde klotzen müssen. Und ich glaube auch nicht mehr dran, dass ich das schaffe. Denn Nachhilfe bezahlen will er nicht. Aber aus dem Haus, um die Ferien für einen Job zu nutzen, damit ICH die Nachhilfe bezahlen kann, darf ich auch nicht."

Moritz schüttelt den Kopf, während er auf den Hocker steigt und mir die Bücher aus dem Wohnzimmerregal zum Abstauben anreicht.
„Ich versteh das echt nicht. Will er, dass du das Abi schaffst, oder will er dir beweisen, dass er am längeren Hebel sitzt?"
„Darf ich ihn zitieren? 'Wenn du Tanja nicht als Mutter akzeptierst, dann ist sie auch nicht für dich zuständig. Du wirst deine Wäsche selbst waschen, dein Essen selbst kochen und dein Abitur selbst finanzieren. Mir egal, wie du das schaffst.' - Noch Fragen?"

Mit resigniertem Aufseufzen reiche ich die abgestaubten Bücher wieder rauf zu Moritz und nehme die nächsten entgegen.
„Und wie findet Tanja das?"
„Die ist total angenervt davon. Sie hat nie gewollt, dass Papa mir die Adoption und ihren Nachnamen aufzwingen wollte. Und sie ist auch nicht entzückt davon, dass sie uns beiden zur Zeit waschen, putzen und kochen beibringen soll, nur weil er ein Rad ab hat. Dafür darf ich mir jetzt anhören, dass ich seine Ehe zerstöre."

Verbissen arbeiten wir noch eine Stunde weiter, nur unterbrochen von diversen Niesattacken. Erleichtert stellen wir dann die letzten Bücher zurück ins Regal und machen uns daran, das eingestaubte Wohnzimmer wieder sauber zu machen.
„Will er dich die kompletten Ferien einsperren? Ich mein' - das is ja echt, als würdest du in Alcatras sitzen, weil du ein ganzes Dorf ausgerottet hast."
Mir ist hundeelend zumute. Die Strafmaßnahmen und das Gezicke meines Vaters geben mir noch den Rest.

Wir wollen uns grade in mein Zimmer verkrümeln, als Tanja den Kopf zur Tür reinsteckt.
„Jungs, ihr habt bestimmt Hunger. Ich bin es leid. Ich hab Pizza gemacht, kommt ihr in die Küche?"
Mit einem Jubelschrei und einem dicken Gruppenkuscheln für Tanja stürzen wir uns in die Küche und schlagen uns genüsslich die Bäuche mit der besten selbstgemachten Pizza der Welt voll.

Tanja zögert etwas, aber dann gibt sie sich einen Ruck.
„Max, ich ... Es tut mir leid, dass dein Vater dich so unter Druck setzt."
Mir bleibt fast das letzte Stück Pizza im Hals stecken.
„Aber ich liebe ihn, möchte mit ihm und dir Familie sein – und sitze jetzt zwischen allen Stühlen. Er möchte vergessen dürfen, du möchtest erinnern dürfen. Beides ist legitim. Aber beides zusammen geht nicht. Ich ... im Grunde untergrabe ich schon die ganze Zeit seine Anordnungen. Ich helfe dir gern, das Abi zu schaffen und dein Traumstudium anzufangen. Aber ich muss irgendwas vorweisen können, woran er erkennen kann, dass du dir wirklich Mühe gibst."

Was sich neckt, das hasst sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt