Teil 33

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Sofy


Drei Wochen? So lange? „Was? Wie? Das kann nicht sein!", entgegnete ich panisch. Wusste Melina Bescheid? Mein Chef? Und ... Wincent? „Hey Mäuschen beruhige dich! Ich hab alles geklärt, okay? Dein Chef weiß Bescheid. Ich stehe mit deinem Chef im Kontakt, da er sich wirklich Sorgen macht", versuchte mich Mike zu beruhigen. Dies funktionierte aber nur halbwegs. „Wo ist mein Handy? Ich muss mich bei Melina melden und ...", und bei Wincent, ergänzte ich dann doch lieber nur gedanklich. Ich war drei Wochen weg gewesen und er wusste von nichts. Am Ende dachte er sonst was von mir. Dabei wollte ich ihm noch immer auf den Danke-Kaffee einladen. „Dein Handy hat es leider nicht geschafft", gestand mein Bruder, „Soll ich jemanden anrufen?" „M-melina. Meine Arbeitskollegin. Ich wohne bei ihr. Mein Chef hat ihre Nummer." Mein Bruder nickte, verließ das Zimmer, um sofort zu telefoniere. Und was sollte ich jetzt wegen Wincent tun? Ich wusste seine Nummer nicht auswendig. Ich wusste nichts von ihm. Wie sollte ich ihn denn jetzt erreichen? Er würde denken, ich wäre der undankbarste Mensch im Universum.
Mein Bruder teilte mir mit, dass er Melina erreicht hatte und er und Noel mir jetzt ein wenig Ruhe gestatten wollten. Also verabschiedeten sich die Zwei und ich blieb allein zurück. Ganz allein mit meinen Gedanken. Wieso konnte ich mich nicht daran erinnern, was passiert war? Ich war doch immer eine gute Autofahrerin gewesen, vorsichtig, aber gut. Wie konnte mir das passieren? Selbst das konnte ich also nicht mehr. Selbst dort hatte ich jetzt versagt. Und wieso machte ich mir grad am meisten Gedanken darüber, wie ich Wincent erreichen konnte? Ich wollte ihm erklären, wieso ich die letzten drei Wochen nicht geschrieben hatte. Ich wollte doch längst das Treffen nachgeholt haben. Er musste sich doch garantiert komplett verarscht fühlen. Und ich konnte es ihm nicht mal verüben. Hatte er seinen Sonntag geopfert, um sich mein Timo-Gejammer anzuhören. Jemand wie er hatte mit Sicherheit ganz andere Dinge, sinnvollere Dinge, die er an einem Sonntag machen konnte. Gleichzeitig wollte ich auch wissen, ob Mike der einzige war, der mich besucht hatte. Was war mit meinen Eltern? Hatten sie sich keine Sorgen gemacht? Vermutlich nicht. Es hatte sie vermutlich nicht interessiert. Und meine Schwester doch eh nicht. Die wären vermutlich sogar alle froh gewesen, wenn ich es nicht überlebt hätte. Ich war ihnen einfach nicht wichtig. Mike war da definitiv die Ausnahme. Wann war ich nur so eine Schande für meine Familie geworden? Wann war ich zu so einer Versagerin geworden? Nichts bekam ich auf die Reihe. Ich hatte es ja nicht einmal hinbekommen, eigenständig meine Sachen aus Timos Wohnung zu holen. Wieso? Wieso hatte ich überlebt? Wieso war es nicht anders ausgegangen. Es wäre doch für alle das beste gewesen. Nicht nur für mich, sondern für jeden anderen Menschen, den ich kannte.

Vielleicht irgendwann (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt