Teil 140

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Sofy

„Mike? Was ist los?“, fragte ich sofort, da ich ja auf dem Display erkannte, dass er mich anrief. „Sofy. Du musst ins Krankenhaus kommen“, antwortet er nur und mir war sofort klar, was los war. „Ich bin unterwegs“, sagte ich nur knapp und legte einfach auf. Genau davor hatte ich seit Wochen Angst. Vor genau diesem Anruf. Ich fuhr mir durch das Gesicht, erst dann ging ich zurück. Die anderen schienen sich gerade über irgendwas zu amüsieren, aber als Wincent meinen Blick sah, verstummte sein Lachen. „Was ist los?“, fragte er mich auch gleich. „Ich … Das war mein Bruder …“ Sowohl Wincent als auch Melina verstanden sofort. „Ich fahr dich“, sagte Wincent sofort, aber ich schüttelte den Kopf. „Du bleibst hier. Du sagst gar nichts ab!“ „Aber …“ „Wincent“, schaltete sich Melina ein, „Ich fahre sie. Du musst dir keine Gedanken machen. Abgesagt wird hier gar nichts.“ „Was ist denn los?“, fragte Amelie vorsichtig und Melina erklärte es ihr kurz und knapp, „Wir können das jetzt mehr absagen Wincent. Wir fahren gleich nach dem Ende ins Krankenhaus, okay?“ Wincent nickte, wirkte aber ziemlich geknickt, wandte sich dann an Melina: „Fahrt bitte vorsichtig …“ Danach nahm er mich fest in den Arm. „Sobald wir fertig sind, komme ich, okay?“, murmelte er und ich nickte nur.
Und dann ging alles ganz schnell. Kaum waren wir am Krankenhaus angekommen, lief ich los. Melina blieb mit Elias zurück und wollte draußen warten. Als ich das Zimmer meines Opas erreichte, war ich extrem außer Atem, aber das war mir egal. Ich öffnete die Tür und Mike, Ina und meine Eltern sowie meine Großmutter waren schon da. „Ach. Madame hat sich auch erbarmt, herzukommen“, stichelte meine Schwester gleich los. „Ina“, antwortete mein Bruder wütend, „Lass es. Das gehört hier nicht her. Außerdem ist Sofy mehr hier gewesen als du.“ Ich dagegen ignorierte meine Schwester einfach. Es ging hier um meinen Opa, da wollte ich mich nicht provozieren lassen. „Die Ärzte schätzen, dass er die Nacht nicht mehr schafft“, erklärte mir mein Bruder kurz, ich nickte. Ich hatte es mir ja bereits denken können. Während sich Ina und meine Eltern sich kurz in die Cafeteria verzogen, blieben Mike, Oma und ich allein zurück. Also trat ich an das Bett meines Großvaters und nahm seine Hand in meine. „Wir lassen euch mal allein“, murmelte Mike und ging mit meiner Großmutter nach draußen. Ich nahm das gar nicht mehr wahr, ich wollte nur, dass mein Großvater wusste, dass sich einer seiner letzten Wünsche erfüllte. Ich legte also seine Hand kurz auf meinen Bauch und lächelte ihm zu, während mir bereits die ersten Tränen die Wangen hinunterliefen. Mein Opa lächelte schwach, Zeichen genug für mich, dass er verstanden hatte.
Von da an lief alles an mir vorbei, wie in einem Film. Ich bekam kaum etwas mit, wusste nicht, wie viel Zeit verging. Irgendwann ließen wir meine Großmutter mit ihm allein und setzten uns in den Flur. Genau in dem Moment kam Wincent den Gang entlanggelaufen. War das Konzert schon vorbei? Wie lang war ich schon hier? „Was will er hier?“, giftete Ina los, „Das geht nur die Familie was an.“ Unter normalen Umständen hätte Wincent vermutlich was gesagt, aber er verkniff es sich. Ich dieses Mal aber nicht: „Weißt du was Ina? Es ist mir scheiß egal, was du denkst. Wincent ist für mich mehr Familie als du! Und jetzt halt einfach deine Klappe, es geht hier mal nicht um dich, sondern um Opa. Denk über mich, was du willst. Es interessiert mich nicht! Kümmer dich um dein Leben, aber lass mich endlich in Ruhe!“

Vielleicht irgendwann (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt