Sofy
Es vergingen wieder anderthalb Wochen. Nun war neben Mike, Noel und Melina auch Wincent ein Besucher von mir. Zwar konnte Letzterer nicht so oft kommen, wie die anderen, dafür blieb er dann immer sehr lang und erzählte mir dann auch viel von seiner Zeit im Studio und bei den Proben. Und wenn er nicht vorbeikommen konnten, dann schrieben wir mittlerweile täglich. Wenn er bei seinen Besuchen dann so von der Musik sprach, dann machte er mich doch immer wieder neugierig. Und ich hatte zwischendurch mal überlegt, mir Lieder von ihm anzuhören. Aus irgendwelchen Gründen hatte ich mich bisher aber nicht getraut. Wieso konnte ich mir selbst nicht erklären.
Heute wollte Wincent wieder vorbeikommen. Während ich bei seinem letzten Besuch inzwischen ziemlich gut drauf war, war ich inzwischen leider wieder in ein kleines Tief gefallen. Grund dafür war Instagram. Denn dort ploppte vor zwei Tagen ein Bild von Nina auf. Nicht nur von ihr, sondern auch von Timo. Und der Bildunterschrift nach hatten sich die Zwei verlobt ... Das war wieder ein richtig heftiger Stich ins Herz gewesen. Also war Max für Nina schon länger Geschichte und ich hatte die endgültige Gewissheit, dass mich Timo und Nina schon seit Monaten betrogen hatten. Wie konnte ich so dumm sein und nicht merken? Und inzwischen war es nicht mal die Verlobung der Zwei, die mich so fertig machte, sondern eher, dass ich über keine Ahnung wie viele Monate so betrogen worden war.
Als es an der Tür klopfte, war ich gerade wieder in diesen Gedanken verloren, sodass ich mich erst sammeln musste. Wincent betrat das Zimmer und grinste mich breit an: „Bereit für den ersten Spaziergang?" Oh Mist. Wir hatten ausgemacht, heute etwas nach draußen zu gehen. Selbst die Ärztin fand die Idee gut, solange ich auf meinen Körper hörte und es nicht übertrieb. Allerdings hatte ich das total vergessen und meine Motivation das Bett zu verlassen, war nicht wirklich vorhanden. Ich wollte Wincent aber nicht enttäuschen, weshalb ich nickte: „Sicher. Endlich frische Luft, was?" Wincent musterte mich skeptisch, doch ich ignorierte das und zog mir indes meine Schuhe an. Ich musste zugeben, dass ich auch Angst davor hatte rauszugehen. Meine Angst lag einfach darin, dass ich mir unsicher war, ob meine Kräfte dafür schon ausreichten. Wincent schien sich dies zu denken, denn er bot mir sogleich seinen Arm an, damit ich mich einhaken konnte. Ich zögerte kurz, nahm das Angebot aber dann doch an, da ich mich so wesentlich sicherer auf meinen Beinen fühlte.Während wir langsam nach draußen gingen – Wincent war wirklich sehr rücksichtsvoll -, schwiegen wir. Heute war mir nicht wirklich nach Reden zumute und das schien auch Wincent zu spüren.
„Was ist los?", erkundigte er sich dann doch, als wir im Park ankamen, der direkt neben dem Krankenhaus lag. Doch anstatt zu antworten, musste ich mich wirklich zusammenreißen. Dieser kurze Weg war einfach doch noch sehr anstrengend, aber ich wollte mir das nicht anmerken lassen. Wincent merkte es trotzdem. Man, konnte der Gedanken lesen? „Komm. Dort ist eine Bank, da kannst du Pause machen", murmelte er und schob mich sanft in die entsprechende Richtung. Wir setzten uns auf die Bank und er wiederholte seine zuvor gestellte Frage: „Sofy. Was ist los?" Ich seufzte nur kopfschüttelnd. Ich konnte ihm ja doch nichts vormachen. Obwohl ich es mir nicht wirklich erklären konnte. Alles war einfach anders, wenn er bei mir war. „Es ist einfach alles so viel", gestand ich ihm also niedergeschlagen, „Ich wünschte, ich hätte diesen blöden Unfall nicht überlebt. Es wäre doch für alles das beste gewesen!"
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Vielleicht irgendwann (1)
FanfictionWie ist es mit einem Menschen zusammenzuleben, der einem nicht gut tut? Zerstörend. Aber wieso schafft man es trotzdem nicht, sich von dieser Person zu trennen, sie aus dem Leben zu streichen? Ganz einfach, weil man diese Person immerhin mal geliebt...