Sofy
Es vergingen drei weitere Wochen, bis ich entlassen wurde und auch endlich wieder zur Arbeit gehen durfte. Nach meiner Entlassung musste ich noch eine Woche zu Hause bleiben, Melina kümmerte sich in der Zeit so lieb um alles und auch Wincent würde wohl zu einem regelmäßigen Gast werden, sofern es seine Zeit denn auch zuließ.
Und so war heute der erste Tag im Büro seit meinem Unfall. Die Ärztin hatte besonders zum Ende immer wieder betont, wie viel Glück ich doch gehabt hatte und dass das alles ja ganz anders hätte ausgehen können. Tatsächlich war mir dies auch immer bewusster geworden. Zwar konnte ich mich noch immer nicht an alles erinnern, aber einige Fetzen der Erinnerungen suchten mich inzwischen in meinen Träumen auf. Doch die Erinnerung an den Grund des Unfalls fehlte noch immer.
Da mein Auto ja ein Totalschaden war, hatte ich momentan keins mehr, sodass ich gemeinsam mit Melina zur Arbeit fuhr. Inzwischen war das letzte bisschen Sommer gegangen und wir hatten den tiefen Herbst erreicht. Ich persönlich mochte diese Jahreszeit sehr gern. Die Luft war einfach so schön und ich war auch eher ein Mensch, der kühlere Temperaturen bevorzugte. Das perfekte Hoodie-Wetter halt. Im Büro angekommen, wurde ich erst ausgiebig von meinen Kollegen begrüßt. Mir war gar nicht klar gewesen, dass man mich hier scheinbar so mochte. Vermutlich hatte ich mich aber in den letzten Monaten auch gar nicht damit beschäftigt. Das sollte sich aber ab jetzt ändern. Timo war Geschichte Ich musste einfach nach vorne schauen! „Schön, dass du wieder da bist Sofy," begrüßte mich auch unser Chef, „Ich habe dich diese Woche erst einmal komplett im Büro eingeplant, sodass du erst einmal wieder ankommen kannst. Und in der nächsten Woche können wir dann über einen neuen Auftrag reden." Ich nickte dankbar. Mein Chef war wirklich sehr rücksichtsvoll und da konnte ich mich wohl einfach mal glücklich schätzen.
Ich ging zu meinem Schreibtisch und überprüfte meine Aufgaben. Diese lagen diese Woche wirklich im theoretischen Planen eines Events, während Melina die Aufgaben vor Ort übernahm. „Schön dich wiederzusehen Sofy", erklang hinter mir plötzlich die Stimme von Nils, einem Kollegen, den ich etwas seltsam fand. Er legte mir kurz seine Hand auf die Schulter und ging dann weiter. „Was war das denn?", fragte ich Melina, die aber ebenfalls etwas verwirrt schien. „Keine Ahnung. Aber der hat in der letzten Zeit ganz schön viel nach dir gefragt. Vielleicht will er was von dir und seitdem du ja offiziell wieder Single bist, macht er sich ja womöglich Hoffnungen", überlegte sie, „Aber irgendwie finde ich den seltsam. Da verdienst du Besseres." „Nun. Mein Bedarf an einer Beziehung existiert momentan auch nicht. Ich muss erstmal wieder mit meinem Leben klarkommen", murmelte ich. Nein, an Beziehungen mochte ich momentan wirklich nicht denken. „Und wenn, dann ist da ja auch ein ganz anderer Kandidat, nicht wahr?", neckte Melina mich grinsend, woraufhin ich nur die Augen verdrehte. „Wenn du auf Wincent anspielst, muss ich dich Enttäuschen. Das wird nie mehr sein als Freundschaft", entgegnete ich knapp und beendete das Thema damit auch direkt. Wincent und ich hatten uns irgendwie angefreundet, mehr aber auch nicht. Und mehr würde da auch nie sein, da er jede andere haben konnte, würde er auch gar kein Interesse an einer wie mir haben. Und das war okay. Inzwischen kam mir immer öfter der Gedanke, dass es wohl besser war, wenn ich allein blieb.Kurz vor Feierabend trommelte uns der Chef dann noch einmal zusammen, da er etwas verkünden wollte. „Nun ihr Lieben. Ich wollte noch einmal an meine Hochzeit erinnern am Freitag. Ich habe mir überlegt, dass wir an dem Tag frei machen, da ihr ja auch alle eingeladen seid. Also bleibt die Agentur am Freitag zu, damit ihr keinen Stress habt. Ach ja. Begleitungen sind natürlich mehr als nur erwünscht! Wir wollen doch auch ordentlich feiern und tanzen!", verkündete er grinsend. Aber so wie er das mit der Begleitung betonte, bekam ich auf der Stelle einen Kloß im Hals. Ich hatte doch niemanden. Während sich nun alle ausgiebig darüber unterhielten und sich austauschten, ob sie ihren Partner mitbringen würde oder nicht, zog ich mich etwas zurück. Doch lange blieb ich nicht allein, denn Nils hatte mich entdeckt. „Nun", entgegnete er grinsend, „Wir haben beide keinen Partner. Wäre doch eine gute Idee, wenn wir gemeinsam zu der Hochzeit gehen, findest du nicht?" „Äh ... ich", stammelte ich, „ich überleg es mir und lass es dich dann wissen, okay?" „Aber warte nicht zu lang", antwortete er grinsend und zog dann ab.
„Was wollte Nils von dir?", erkundigte sich Melina neugierig, als wir eine halbe Stunde später nach Hause kamen. „Dass ich mit ihm zusammen zu der Hochzeit gehe", antwortete ich und warf meine Jacke über die Garderobe. Wincent wollte gleich noch vorbeikommen, also ging ich in die Küche, um schon einmal Kaffee zu kochen. „Was? Der? Du hast doch ‚Nein' gesagt, oder? Der Typ ist super seltsam!" „Ich habe gesagt, dass ich es mir überlege", entgegnete ich seufzend und holte bereits die Tassen aus dem Schrank. „Sofy. Der Typ ist komisch. Sag ihm ab." „Und dann? Bin ich die Einzige, die ohne Begleitung auftaucht? Du wirst doch sicher Steven mitnehmen." Steven war Melinas Freund. Er war ganz nett, aber oft gesehen hatte ich ihn noch nicht, da Melina mir den Pärchenanblick ersparen wollte und stattdessen immer zu ihm fuhr. War ja irgendwo auch lieb gemeint. „Dann frag doch Wincent", bat mich Melina, aber ich winkte ab. „Wincent hat andere Sachen zu tun. Und außerdem hat er schon genug für mich getan."
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Vielleicht irgendwann (1)
FanfictionWie ist es mit einem Menschen zusammenzuleben, der einem nicht gut tut? Zerstörend. Aber wieso schafft man es trotzdem nicht, sich von dieser Person zu trennen, sie aus dem Leben zu streichen? Ganz einfach, weil man diese Person immerhin mal geliebt...