Teil 130

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Sofy

Für einen Moment konnte ich gar nichts tun, stand einfach wie angewurzelt da. Es dauerte also etwas, ehe ich mich kurz schüttelte. Dann nahm ich mir Wincents Autoschlüssel, um die Wäschekörbe zu holen. Ich brauchte irgendwas zu tun, um mich zu beruhigen. Was zur Hölle war das gerade? Ich hatte Wincent noch nie so erlebt. Hätte er wirklich zugeschlagen, wenn ich nicht dabei gewesen wäre? Ehrlich gesagt, war ich mir nicht sicher. Aber vermutlich war er ebenso überfordert mit dieser ganzen Situation wie ich. Was dachte sich Timo, hier aufzutauchen? Einfach so. Wie dreist konnte ein Mensch denn sein? Wenn ich ehrlich war, saß ich gerade einfach nur in der Küche vor der Waschmaschine und war mit allem überfordert. Mir ging es gar nicht so extrem um Timo, wobei mich seine Dreistigkeit auch verwirrte. Vielmehr überforderte mich die Reaktion von Wincent. Er war immer so besonnen, so rücksichtsvoll. Und ihn nun so zu erleben. Wäre er doch besser im Auto gewesen. Er sollte da nicht mit reingezogen werden. Es war nicht sein Problem. Ich musste Timo loswerden. Und vermutlich war es die beste Idee, beim nächsten Mal, direkt die Polizei zu rufen, sollte er sich doch noch einmal hier blicken lassen.
Schließlich schaffte ich es dann doch, die Wäsche zu sortieren und die erste Maschine anzuschalten. Danach wusste ich nicht wirklich, was ich tun sollte. Sollte ich Wincent suchen gehen? Ich hatte Angst, dass er eventuell irgendeine Dummheit begehen könnte. Aber andererseits hatte er ja wirklich seine Sportbekleidung an und hatte sich auch seine Laufschuhe angezogen. Vielleicht musste er ja wirklich einfach nur raus und konnte beim Laufen einfach am besten abschalten. Da hatten wir ja irgendwo auch unsere ganz eigenen Wege. Bei mir war das Lesen ein Ventil. Doch das brachte mir heute auch nichts. Ich hatte zu große Sorge, dass Wincent irgendeine Dummheit anstellte. Kurzerhand griff ich mein Handy und rief Marco an. Er kannte Wincent einfach am besten und konnte mir mit Sicherheit helfen. „Ja?“, meldete sich der beste Freund meines Freundes und klang etwas verschlafen. „Hi Marco. Hab ich dich geweckt?“ „N bisschen vielleicht“, antwortete er, „Du weißt schon, welches Datum wir haben und dass manche dann auch mal länger schlafen?“ „Ich weiß. Tut mir leid, aber ich brauche deine Hilfe. Es geht um Wincent. Du bist sein bester Freund und du kennst ihn einfach am besten.“ „Bist du dir da sicher? Aber ja, was ist denn los?“ Ich schilderte ihm kurz den Vorfall. „Ich hab Angst, dass er was Dummes tut. Ich hab ich ihn noch nie so erlebt. Ich weiß nicht, ob er nicht sogar zugeschlagen hätte …“ „Du sagst, er ist laufen gegangen?“ „Ja. Er hat sich umgezogen, seine Laufschuhe angezogen und ist einfach weg.“ „Dann ist er auch laufen“, versicherte mir Marco, „Der braucht das, um sich abzureagieren. Er hat da so seinen Beschützerinstinkt. Also ja, im Zweifel hätte er zugeschlagen. Wenn es um seine Familie geht, versteht er keinen Spaß. Und wenn es um dich geht, sowieso nicht. Sieh es als Kompliment. Wincent würde alles für dich tun“, erklärte Marco, machte es dadurch aber nicht wirklich besser. „Hm. Okay, danke. Wir sehen uns“, murmelte ich nur und legte auf. Es verging eine Stunde, in der ich darauf wartete, dass WIncent endlich nach Hause kam. Sein Handy hatte er leider hier liegen gelassen, weshalb ich ihn auch telefonisch nicht erreichte. Als er dann noch immer nicht da war, entschied ich, ihn zu suchen. Ich war gerade dabei, meine Schuhe anzuziehen, als ich den Schlüssel im Schloss hörte und Wincent wenig später die Tür öffnete.

Vielleicht irgendwann (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt