WincentIch hatte keine Ahnung wie spät es war, als ich wach wurde. Es musste aber definitiv noch mitten in der Nacht sein, jedenfalls war noch stockfinster. Geweckt wurde ich auch nur durch komische Geräusche. Völlig übermüdet setzte ich mich auf und schaltete das Licht an. „Was zur Hölle tust du da?“, wollte ich schließlich von Sofy wissen, die mit einer Taschenlampe dasaß und Koffer zu packen schien. „Ich packe“, antwortete sie bloß, was mich zum Seufzen brachte. „Das sehe ich“, erwiderte ich und ging zu ihr, „Und wieso genau jetzt? Komm wieder ins Bett.“ „Weil ich nicht schlafen kann und einfach eine Beschäftigung brauche. Außerdem können wir dann gleich losfahren. Wobei wir uns das vielleicht noch mal überlegen sollten …“ „Wie meinst du das denn jetzt wieder?“ „Ich schaffe es nicht mal mehr unsere Tochter zu beruhigen, geschweige denn sie zum Schlafen zu bringen …“, schluchzte sie. Seufzend zog ich sie hoch: „Jetzt hör mal auf. Elina merkt halt, dass es dir nicht gut geht. Aber das ist doch nichts Dramatisches. Hör bitte auf, dich immer so schlecht zu machen. Du bist die tollste Mama für die Zwei. Aber es kann nicht immer alles perfekt laufen. Und wir fahren definitiv, damit wir mal runterkommen. Damit du mal Abstand bekommst. Aber die Koffer musst du nicht jetzt packen, das machen wir nach dem Aufstehen in Ruhe.“ „Aber ich kann doch eh nicht schlafen“, entgegnete sie verzweifelt. „Doch. Bitte komm wieder ins Bett. Versuch wenigstens ein bisschen zu schlafen“, redete ich weiter auf sie ein und glücklicherweise gab sie nach. Ich konnte ja verstehen, dass es in ihrem Kopf ratterte und dass sie wirklich traurig war, konnte ich doch auch verstehen. Aber verdammt, sie musste auch schlafen. Da war ich dann auch gerne mal der Doofe.
Als ich am Morgen wach wurde, schlief Sofy. Na immerhin. Ich schlich mich nach unten, denn wenn sie jetzt schon mal schlief, dann wollte ich sie ganz sicher nicht wecken. „Morgen“, murmelte ich als ich in die Küche kam, wo meine Mutter bereits völlig ausgeschlafen am Tisch saß. Ich brauchte eindeutig einen Kaffee. „Guten Morgen. Konntet ihr wenigstens ein bisschen schlafen?“, erkundigte sich meine Mutter, weshalb ich nur etwas verwirrt dreinblickte, „Sofy hat mir gestern spät abends alles erzählt …“ „Oh. Das hab ich gar nicht mitbekommen.“ „Wie auch. Du hast geschlafen. Hat Sofy wenigstens auch ein wenig geschlafen?“ „Du meinst, nachdem sie auf die Idee kam, mitten in der Nacht die Koffer zu packen? Wie viel weiß ich nicht, aber sie schläft jetzt noch. Aber spätestens, wenn Elina oder Niilo wach werden, wacht sie auch auf“, entgegnete ich seufzend. „Du zerbrichst dir den Kopf, was du tun kannst, oder?“, hakte meine Mutter nach. Natürlich merkte sie das. Sie war meine Mutter und der entging einfach nichts. „Sicher. Wäre doch komisch, wenn es anders wäre …“ „Du kannst sie unterstützen, für sie da sein. Aber ich glaube, dass sie erstmal Zeit braucht. Das ist doch wirklich eine sehr heftige Sache und so eine Nachricht steckt man nicht einfach so weg.“ „Ich weiß. Aber ich hab eventuell jemanden, der mehr weiß. Wenn sie ein bisschen Abstand bekommen hat, kümmere ich mich darum. Nur zugucken werde ich sicher nicht.“ „Verrenn dich aber bitte nicht. Deine Frau braucht dich am meisten gerade, und zwar als Stütze. So. Ich schau jetzt nach den Zwillingen und danach würde ich nach Hause fahren. Außer ihr braucht mich noch.“ „Fahr ruhig. Ich geh nach den Beiden schauen. Danke Mama“, murmelte ich und nahm sie dankend in den Arm. Danach verabschiedete ich meine Mutter und ging wieder nach oben. Es waren natürlich beide Kinder wach. Noch ging es, dass ich beide gleichzeitig herumtragen konnte. Aber wenn sie weiterhin so schnell wuchsen, war es damit bald vorbei. Wieso genau wuchsen die Zwei eigentlich so schnell? „Wollen wir mal nach der Mama schauen? Die braucht ein paar Kuscheleinheiten, glaub ich.“ Also warf ich einen kurzen Blick ins Schlafzimmer. Und tatsächlich war Sofy wach. „Guten Morgen“, entgegnete ich lächelnd und setzte die Kinder aufs Bett, ehe ich mich selbst dazusetzte, „Hast du wenigstens ein wenig schlafen können?“
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Vielleicht irgendwann (1)
FanfictionWie ist es mit einem Menschen zusammenzuleben, der einem nicht gut tut? Zerstörend. Aber wieso schafft man es trotzdem nicht, sich von dieser Person zu trennen, sie aus dem Leben zu streichen? Ganz einfach, weil man diese Person immerhin mal geliebt...