SofyIch war mir nicht ganz sicher, ob es die beste Idee war, Wincent mit meinem Bruder allein zu lassen. Ich kannte meinen Bruder und ich hoffte, dass er freundlich blieb und sich jegliche blöden Kommentare verkniff. Aber gleichzeitig wollte ich Noel noch etwas helfen. So viel vorzubereiten war dann aber doch nicht, weshalb wir wenig später wieder zurück in den Garten gingen. Zu meiner Erleichterung schienen die Zwei ganz gut ins Gespräch gekommen zu sein. „Hat er dich auch nicht zu sehr geärgert“, erkundigte ich mich schmunzelnd bei Wincent, der gleich seinen Arm um mich legte, als ich neben ihm stand. „Wow. Wie denkst du von mir?“, schmollte mein Bruder beleidigt. „Ich kenne dich seit 25 Jahren. Deshalb gehe ich nun einmal auf Nummer sicher.“ „Dein Liebster ist akzeptiert, mach dir da mal keine Sorgen Mäuschen.“ Ich nickte zufrieden, mir war das natürlich vorher klar gewesen, aber ich hatte das Gefühl, dass der Satz eben in Wincent eine ziemlich große Erleichterung auslöste, da er sich ein wenig entspannte. Aber mein Bruder sorgte sofort dafür, dass ich meine Entspanntheit augenblicklich verlor. Er warf einen Blick auf seine Uhr und nuschelte: „Die anderen müssten auch bald da sein.“ „Die anderen?“, fragte ich und konnte mir die Antwort allerdings schon denken. Auch Wincent schien zu merken, wie ich mich unfassbar anspannte, denn er zog mich gleich näher zu sich. Aber nicht einmal das half und das hatte schon etwas zu heißen. „Ich habe Mum, Dad und Ina eingeladen … Als Überraschung Überraschung“, gab mein Bruder zu, „Ich hab dir das halt nicht gesagt, weil …“ „Weil du ganz genau wusstest, dass ich dann nicht herkommen werde“, entgegnete ich kühl. „Genau. Ich mag das nicht länger mit ansehen. Wir sind eine Familie und ich möchte einfach, dass wir auch wieder zu einer richtigen Familie werden. Ich hatte gehofft, dass wir das mal aus der Welt schaffen können.“ Das war leider auch mein Bruder. Trotzdem verletzte es mich, dass er mich so hintergangen hatte. Ich wollte noch etwas sagen, als bereits das Klingeln an der Haustür zu hören war, weshalb mein Bruder auch sogleich verschwand. „Sofy? Alles gut?“ „Na klar. Mein Bruder hintergeht mich, alles super“, antwortete ich Wincent kühl und befreite mich aus seinem Arm um wütend davonzustapfen. Aber natürlich ließ Wincent das nicht einfach zu. Er hielt mich fest und zog mich sanft zurück. „Hey. Ich kann da doch nichts für.“ „Ich weiß. Tut mir leid“, entgegnete ich geknickt. „Weißt du Süße. Ich verstehe, dass dich das grade verletzt. Aber die Familie ist so wichtig, versuche es. Fahren können wir dann immer noch.“ „Das sagst du nur, weil du die nicht kennst“, grummelte ich. „Dann lass mich sie kennenlernen“, redete er mit sanfter Stimme weiter, „Ich bin bei dir. Die ganze Zeit.“ Ich fand es ja super, dass er so dazu stand, aber war ich bereit dazu? Ich wollte ihm eigentlich die Kommentare meiner Schwester und meiner Mutter so lang wie möglich ersparen. Aber mein Bruder hatte es wunderbar hinbekommen, dass man jetzt völlig unvorbereitet vor dieser Situation stand.
Als mein Bruder mit meinen Eltern und Ina zurück in den Garten kam, griff ich reflexartig Wincents Hand. Ich brauchte einfach die Gewissheit, dass er wirklich da war. Die Begrüßung fiel entsprechend kühl aus, was sollte man auch anderes erwarten. „Und er ist wer?“, erkundigte sich Ina kühl und musterte Wincent mit hochgezogener Augenbraue. Ein Blick, den sie immer aufsetzte, wenn sie sich besser fühlte als jemand anderes. „Das ist Wincent. Mein Freund“, entgegnete ich entschlossen und gleichzeitig sehr kühl. Ina lachte auf und wandte sich an Wincent: „Sieh lieber zu, dass du noch abhauen kannst. Siehst ja nicht ganz so schlecht aus. Meine Schwester ist eine ziemliche Versagerin, mit der muss sich jemand wie du gar nicht abgeben.“
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Vielleicht irgendwann (1)
FanfictionWie ist es mit einem Menschen zusammenzuleben, der einem nicht gut tut? Zerstörend. Aber wieso schafft man es trotzdem nicht, sich von dieser Person zu trennen, sie aus dem Leben zu streichen? Ganz einfach, weil man diese Person immerhin mal geliebt...