Teil 44

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Sofy


„Das klingt ja wie eine Drohung", entgegnete ich schließlich und wischte mir die letzten Tränen aus dem Gesicht. „Also das klingt aber echt ganz schön böse", überlegte Wincent laut, musste aber Schmunzeln, „Ich würde es ja eher als Versprechen bezeichnen. Das klingt doch netter." „Na klar. Einfach umformulieren. Funktioniert vielleicht dieses Mal, aber immer doch auch nicht." „Doch, doch", versicherte er mir, „Man muss nur wollen." „Herje. Ich dachte, du seist Sänger und kein Lifecoach oder wie die Menschen heißen", antwortete ich seufzend. „Wer weiß. Vielleicht hab ich ja auch noch eine Zweitkarriere am Start, weil ich von der Musik allein noch nicht leben könnte." „Du hast eine Tourmanagerin. Nur, weil ich keine Ahnung von Musik habe, bin ich ja nicht doof", entgegnete ich grinsend. „Nun. Okay, ich hab keine Zweitkarriere", antwortete er lachend, „Und selbst wenn, dann nicht in dem Bereich." „In welchem denn dann?", fragte ich neugierig. „Ach, keine Ahnung. Es hätten mehre Sachen Sinn ergeben und doch bin ich froh, dass es nicht zu einer solchen Entscheidung kommen musste. Bisher noch nicht zumindest, wer weiß, was die Zukunft so bringt. Vielleicht floppt das mit der Musik. Aber das hoffe ich natürlich nicht. Ich möchte das eigentlich jetzt schon bis zum Schluss machen." „Aber nimmt das nicht verdammt viel Zeit ein?" „Ja, schon. Man muss sich halt dann in seiner Freizeit Prioritäten setzen. Und in der Zukunft liegen die dann neben Freunden und Familie hoffentlich irgendwann auch bei meiner eigenen Familie." Es war mir nicht bewusst gewesen, dass er doch so dachte. Zwar hatte ich mit Musik nicht viel am Hut, aber ich hatte mir Musiker immer als Menschen vorgestellt, die eben keine eigene Familie gründen wollten, weil sie ihren Fokus lieber auf die Musik legten. „Da hast du dir ja schon eine ganz genaue Vorstellung von deiner Zukunft gemacht." „Na klar. Ich hab schon meine Ziele für die Zukunft. Du etwa nicht?", fragte er mich nun und blickte mich neugierig an. „Na ja. Schon. Ich wollte auch immer eine Familie. Mit zwei oder drei Kindern. Aber das ist jetzt natürlich in weite Ferne gerückt. Hatte immer eine ganz genaue Vorstellung von meinem Leben, aber abgesehen vom Beruf hat sich nichts erfüllt. Na ja wobei das mit dem Beruf auch nicht immer so mein Ziel war. Nicht, dass es mir keinen Spaß macht. Eigentlich ist es sogar gut, dass ich dort gelandet bin. Ursprünglich wollte ich immer Erzieherin werden, aber die Ausbildung ist rein schulisch, meine Eltern hätten mich auf diesem Weg nicht unterstützt. Sie wollten auch eigentlich, dass ich Jura studiere, aber das war einfach nicht das, was ich mir vorstellen könnte. Seitdem bin ich so ein bisschen unten durch und ich bin im Grunde die Enttäuschung der Familie. Also zumindest, was meine Eltern und meine Schwester betrifft. Dabei hieß es immer, alles ist egal, solange man glücklich ist. Aber das erkennt man momentan nicht mehr. Oder sie haben ein anderes Verständnis von Glück." „Das kann ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen. Man kann in jedem Beruf glücklich werden, sofern der erwählte Beruf zu einem passt. Wenn einen Jura nicht interessiert, wird man in dem Bereich auch nicht glücklich. Bekommst du in deiner Familie denn gar keine Unterstützung?" „Doch schon. Mein Bruder ist immer für mich da. Meine Großeltern auch, die stärken mir auch den Rücken, aber die leben halt weiterhin in Amerika, sodass sie Vieles nicht mitbekommen."

Vielleicht irgendwann (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt