SofyGegen Abend klingelte es an der Tür. Die letzten Geschehnisse nicht hundertprozentig verarbeitet, zuckte ich regelrecht zusammen, als die Klingel ertönte. „Das sind bestimmt meine Mutter und Shay. Ich geh schon“, entgegnete Wincent, dem mein Zusammenzucken natürlich nicht entgangen war. Ich hoffte aber, dass dies heute nicht mehr zur Sprache kommen würde. Zumindest nicht, solang wir Besuch hatten. Es musste nicht jeder mitbekommen. Bisher hatte ich nur mit Melina noch mal darüber gesprochen, nicht einmal mein Bruder wusste etwas.
Die Stimmen aus dem Flur verrieten mir, dass es wirklich seine Familie war. Erleichtert atmete ich aus und ging dann ebenfalls in den Flur, um Beide zu begrüßen. Nachdem mich seine Mutter in den Arm genommen hatte, drückte sie mir einen Strauß Blumen in die Hand. „Oh. Danke, aber wofür ist der denn?“, fragte ich etwas überrascht. „Einfach so. Ich fand die Blumen so schön. Und ich weiß ja nicht, ob mein Sohn dir auch mal ab und an Blumen schenkt“, entgegnete sie schulterzuckend. „Schön, wie du so von mir denkst“, mischte sich Wincent stirnrunzelnd ein. „Ne. Ich kenne dich einfach“, antwortete seine Mutter lachend. „Tatsächlich bekomm ich oft Blumen“, ergriff ich wieder das Wort und lächelte, „Obwohl er weiß, dass er mir eigentlich gar nichts kaufen muss. Hauptsache, er kommt heile nach Hause. Aber kommt doch lieber erstmal rein.“ Also gingen wir ins Wohnzimmer, wo ich direkt eine Vase aus dem oberen Schrank holen wollte. Doch ich kam gar nicht dazu, da stand Wincent schon neben mir, um mir dies abzunehmen. „Hatten wir das Thema nicht erst vorhin?“, entgegnete er stirnrunzelnd. „Ist halt Gewohnheit“, antwortete ich seufzend, „Außerdem mach ich das ja auch alles, wenn du nicht da bist.“ „Ja, das ist mir bewusst …“, er wollte vermutlich noch mehr sagen, aber nun mischte sich seine Mutter ein. „Was diskutiert ihr Zwei denn?“ „Das kann dir ja gerne dein Sohn erklären“, meinte ich nur, nahm ihm die Vase ab und verschwand in der Küche, um diese mit Wasser zu füllen und die Blumen hineinzustellen. Als ich zurück ins Wohnzimmer kam, hatte Wincent offenbar noch immer nichts verraten. Doch das sollte er machen, weshalb ich mich schön im Hintergrund hielt. „Boar Wincent“, seufzte seine Schwester genervt, „Jetzt sag halt endlich.“ Dieser warf seiner Schwester einen Blick zu, den ich nicht wirklich deuten konnten. „Ja“, fing er also an und schien irgendwie nach den richtigen Worten zu suchen, warf mir schließlich einen hilfesuchenden Blick zu. Seufzend ging ich zu meiner Tasche und kramte das letzte Ultraschallbild raus, um es ihm in die Hand zu drücken: „Nimm doch das.“ Doch ehe Wincent reagieren konnte, riss mir seine Schwester neugierig das Bild aus der Hand. „Was ist das?“, fragte sie verwirrt. Ihre Mutter verstand natürlich sofort und auch Shay schien nun zu verstehen. „Heißt das, ich werde Oma?“, vergewisserte sich seine Mutter dann aber doch noch mal. „Sogar zweifache“, entgegnete Wincent, der offenbar seine Worte wiedergefunden hatte und stolz grinste. „Wie?“, fragte seine Schwester verwirrt. „Schau mal“, erklärte ich und zeigte ihr die kleinen Umrisse. Inzwischen war natürlich schon deutlicher zu erkennen, dass es Zwillinge waren. „Das ist ja schön!“, freute sich seine Mutter jetzt endlich, „Wisst ihr schon, ob eineiig oder zweieiig. Oder das Geschlecht?“ Ich schüttelte den Kopf: „Nein. Und ich weiß auch gar nicht, ob ich das vorher wissen möchte. Mir ist das egal, Hauptsache beide sind gesund.“ „Also ich hoffe, dass es zwei Mädchen werden“, entgegnete seine Schwester grinsend.
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Vielleicht irgendwann (1)
FanfictionWie ist es mit einem Menschen zusammenzuleben, der einem nicht gut tut? Zerstörend. Aber wieso schafft man es trotzdem nicht, sich von dieser Person zu trennen, sie aus dem Leben zu streichen? Ganz einfach, weil man diese Person immerhin mal geliebt...