Sofy
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich etwas verwirrt. Ich konnte mich nicht erinnern, in mein Bett gegangen zu sein. Hatte Wincent mich rübergetragen? Eine andere Erklärung hatte ich nicht. Und irgendwie machte sich der Wunsch in mir breit, dass er geblieben wäre. War er aber nicht, was mich irgendwo enttäuschte. Langsam musste ich mir meine Gefühle für ihn wohl eingestehen. Und genau das machte mir Angst. Ich wollte ihn nicht verlieren. Ich brauchte ihn so sehr und wusste gar nicht, was ich ohne ihn machen sollte. Er war einfach so wichtig für mich, dass die Angst ihn zu verlieren, immer größer wurde. Aber ich konnte ja auch schlecht mit ihm darüber reden.
Und so verfolgten mich diese Gedanken die gesamte Woche über. Am Freitag fuhr ich bereits morgens zur Location, da Melina heute unbedingt eine letzte Kleiderprobe haben wollte. Insgeheim war nämlich auch sie eine Perfektionistin und wollte, dass ja nichts schief ging. Aber natürlich passte alles und sie sah einfach nur traumhaft schön aus. Ein bisschen neidisch wurde man schon, aber die Freude für sie war natürlich stärker. Sie hatte das alles verdient und sollte wirklich den schönsten Tag haben, den sie sich vorstellen konnte.
Nach der Anprobe begann der Aufbau und das Dekorieren und mit der Zeit wurden es immer mehr Helfer. Auch Wincent tauchte schließlich auf. Wir hatten uns seit Montag nicht mehr gesehen, sondern nur ein wenig geschrieben. Melina wusste natürlich Bescheid. Dafür hatte sie extra ein kleines freies Zeitfenster genutzt, um sich auf den neusten Stand bringen zu lassen. Sie grinste mir deshalb nur wissend zu, als sie Wincent entdeckte. Sie schnappte sich diesen auch sofort und auch ich blieb nicht verschont. Sie bat uns nämlich, draußen die Girlanden aufzuhängen. Und ich wusste genau, wieso sie das tat. Draußen waren nämlich aktuell nur wir dann beschäftigt und sie hoffte vermutlich, dass wir mal über bestimmte Dinge redeten beziehungsweise ich ihm endlich von meinen Gefühlen erzählte. Aber das würde ich mich ganz bestimmt nicht trauen. Aber Melina würde vermutlich alles tun, damit Wincent und ich immer alleine waren. Ich war ein wenig angespannt, weshalb das auseinander Friemeln dieser Girlanden nicht wirklich klappte. „So eine Scheiße", fluchte ich leise, was Wincent zum Lachen brachte. „Komm. Ich mach das", entgegnete er und nahm mir die Girlande ab, „Du wirkst ein bisschen nervös. Ist es wegen morgen?" „Ja", log ich, wobei es irgendwo auch nicht gelogen war, „Man ist nicht jeden Tag Trauzeugin." „Du kannst nicht falsch machen", antwortete er und lächelte mir aufmunternd zu. Ich sagte nichts und kletterte stattdessen auf die Leite, um mit dem Befestigen zu beginnen. Allerdings war ich mir nicht sicher, ob das mit meiner intensiven Höhenangst so eine gute Idee war. Und dabei war die Leiter ja nicht hoch. Aber es reichte bei mir tatsächlich, wenn ich mich auf einen Stuhl stellte, dass ich kurz vor einer Panikattacke war. Ich hielt es leider nicht lange aus, trat schnell von der Leiter und stolperte geradewegs in Wincents Arme. „Vorsichtig", entgegnete er schmunzelnd, während er mich weiterhin in seinen Armen hielt. Wir waren uns wieder so nah. So wie im Park. Nur dieses Mal gab es einen Unterschied. Nach kurzem Zögern näherte er sich, ehe sich unsere Lippen berührten und er mich zaghaft küsste. Ich will nicht sagen, dass es schlimm war. Im Gegenteil. Es war wunderschön. Aber ... es überforderte mich, weshalb ich mich schnell von ihm löste. „Tut mir leid", murmelte ich traurig und lief einfach davon. Die Angst in mir war einfach zu groß, sodass ich einfach nicht wusste, was ich tun sollte. Ich war einfach nur überfordert. Mit allem, aber hauptsächlich wohl mit mir selbst und meinen Gefühlen, die sich gerade massiv überschlugen.
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Vielleicht irgendwann (1)
FanfictionWie ist es mit einem Menschen zusammenzuleben, der einem nicht gut tut? Zerstörend. Aber wieso schafft man es trotzdem nicht, sich von dieser Person zu trennen, sie aus dem Leben zu streichen? Ganz einfach, weil man diese Person immerhin mal geliebt...