SofyIch schluckte. Schaffte es aber, einigermaßen gefasst zu bleiben, dennoch suchte ich unter dem Tisch sofort nach Wincents Hand. Ich brauchte die Gewissheit, dass er wirklich da war. „Wie … lang weißt du schon davon?“, fragte ich leise. „Schon etwas länger. Aber das ist nichts, was man jemandem am Telefon erzählt. Nachdem wir davon erfahren hatten, haben wir viel darüber nachgedacht, was wir tun. Und dann entstand die Idee. Hier wäre deine Großmutter nicht allein. Du wärst da, Mike, Ina und deine Eltern wären da. Ich möchte einfach wissen, dass sie versorgt ist.“ „Und man kann wirklich nichts mehr tun?“, wollte ich dann doch noch einmal wissen. „Nein. Es wurde zu spät entdeckt. Aber ich möchte gar nicht so viel daran denken, sondern die Zeit genießen, die mir noch bleibt.“
Es war wenig überraschend, dass die Stimmung nach diesem Geständnis sehr getrübt war. Aber ich riss mich zusammen. Und das ging auch ganz gut. Zumindest, bis sich meine Großeltern verabschiedeten und die Wohnung verließen. Kaum hatte ich die Tür geschlossen, lehnte ich meine Stirn an eben diese und ließ meinen Tränen freien Lauf. Wieso? Ich hatte so gehofft, dass mich mein Bauchgefühl täuschte und es nicht solch einen Grund für den Umzug meiner Großeltern gab. „Hey. Komm mal her Süße“, murmelte Wincent, der mich bereits in seine starken Arme und somit in eine feste Umarmung zog. Ich hielt mich einfach an ihm fest und weinte. Bis eben hatte ich mich wirklich gut zusammenreißen können, aber jetzt konnte ich es dann doch nicht mehr zurückhalten. „Das ist so unfair“, schluchzte ich, „Wieso ausgerechnet mein Opa? Hätte mein Bauchgefühl nicht einmal falsch sein können?“ „Ich weiß. Es ist unfair“, antwortete er leise und strich mir mit der Hand über den Rücken, „Umso wichtiger ist, dass du die Zeit mit ihm nutzt.“ „Aber wieso hat er nicht früher was gesagt? Dann wäre ich doch direkt zu ihnen geflogen …“ „Hm. Ich kann verstehen, dass sie es nicht über das Telefon erzählen wollten.“ Schluchzend vergrub ich mein Gesicht in seinem T-Shirt. Ich war einfach nur dankbar, dass er da war und mich einfach festhielt. Wir standen noch eine Weile so da, ehe wir uns Bettfertig machten und uns hinlegten. Während Wincent recht schnell einschlief, lag ich noch eine Weile wach und dachte nach. Ich hatte gehofft, dass endlich alles gut war. Und dann kam der nächste Rückschlag. Wieso wollte das Schicksal nicht, dass bei mir mal alles gut war.
Irgendwann schlief ich dann ein, wobei der Schlaf nicht wirklich erholsam war. Deshalb war ich auch einfach noch sehr müde, als am nächsten Morgen der Wecker klingelte. Ich ließ Wincent schlafen, machte mich schnell fertig und fuhr zur Arbeit. Immerhin war es Freitag und die nächsten zwei Tage hatte ich Wochenende. Morgen sollte ich dann Marco kennenlernen. Normalerweise wäre ich extrem nervös, aber meine Gedanken kreisten momentan mehr bei meinem Großvater, sodass ich nicht nervös sein konnte. Auch Melina merkte, dass etwas nicht stimmte, weshalb sie mich nach Feierabend abfing und zur Seite zog. „Hey. Was ist los? Du wirkst so traurig.“ Ich seufzte und erzählte ihr dann, was ich am gestrigen Abend erfahren hatte. Sofort nahm sie mich in den Arm. „Ich weiß, es ist schwer. Aber du hast jetzt noch viel Zeit, dich zu verabschieden. Wir müssen nur aufpassen, dass du jetzt nicht in ein Loch fällst, okay? Genieß das Wochenende mit Wincent.“ „Der bekommt heute Besuch von seinem besten Freund. Ich lerne ihn morgen kennen, aber das restliche Wochenende sollen die ohne mich haben“, erklärte ich ihr. „Okay. Dann kommst du Sonntag zu mir und wir schauen uns im Internet Möbel für das Kinderzimmer an“, beschloss Melina schmunzelnd. „Willst du das nicht mit Steven machen?“ „Ach. Der kann mit schauen, aber dem ist das ziemlich egal. Er war schon froh, dass du mit mir Shoppen warst. Er freut sich sehr Vater zu werden, aber einkaufen in jeglicher Form ist einfach nicht sein Ding. Und du hast ohnehin einen viel besseren Geschmack als er“, entgegnete sie lachend und steckte mich damit sogar an, dass ich ebenfalls etwas lachen musste.
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Vielleicht irgendwann (1)
FanfictionWie ist es mit einem Menschen zusammenzuleben, der einem nicht gut tut? Zerstörend. Aber wieso schafft man es trotzdem nicht, sich von dieser Person zu trennen, sie aus dem Leben zu streichen? Ganz einfach, weil man diese Person immerhin mal geliebt...