28|fiese Worte und etwas Zauber

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M I R A

Das Badezimmer hat eine wunderbare Beleuchtung und einen riesigen Spiegel, daher beschließe ich, mich dort in Ruhe fertig zu machen und umzuziehen. Ich entscheide mich für ein kurzes Kleid in dunklem grün aus Cord mit wadenhohen Stiefeln und einem langen Mantel aus Leder, den ich noch im Wohnzimmer liegen habe, da das Wetter heute mit fünfzehn Grad sehr angenehm werden wird.
Meine Schminke habe ich schlicht gehalten und ich binde mir die Haare gerade zu einem strengen Zopf zurück, als es gegen die Tür hämmert.

„Beeilen Sie sich!", ruft Herr Sezin gereizt dahinter -nicht zum ersten Mal.
„Ich bin gleich fertig!", antworte ich laut und sehe wieder in den Spiegel. Er hält, seit ich reingegangen bin, Wache an der Tür und erinnert mich jede Minute daran, dass er dort steht.
„Das sagen Sie schon seit einer halben Stunde!"
„Lassen Sie mich in Ruhe! Wer hetzt denn jemanden im Badezimmer? Etwas mehr Privatsphäre bitte!", beschwere ich mich und fahre seelenruhig damit fort meine Haare zusammenzubinden.
Es ist eindeutig noch zu früh, um mit diesem Mann zu interagieren. Ich habe noch nicht einmal ein Frühstück zu mir genommen.

Er haut einmal kräftig gegen die Tür.
„Kommen Sie da jetzt raus!"
Er ist so verdammt ungeduldig. Augenrollend ziehe ich den Zopf fest und packe ganz langsam meine Schminke zurück in die Tasche. Mittlerweile müsste er wissen, was er davon hat, mich aufzuregen.
Er findet ich brauche lange? Gut, dann brauche ich eben noch länger.

„Sind Sie nicht mit Geschwistern aufgewachsen?", keift er,„Mal ernsthaft, wie haben Ihre Eltern Sie erzogen? Sie verhalten sich immer daneben!"
Augenblicklich höre ich auf mich zu bewegen und starre auf die Lidschattenpalette in meiner Hand. Meine Finger verkrampfen sich um die Palette und der Daumenring drückt sich in meine Haut, doch ich kann nicht locker lassen. Wie kann er so etwas nur sagen? Dann brauche ich nun mal zwei Minuten länger, als ihm lieb ist.

Aber... Aber ich bin nicht schlecht erzogen.
Ich bin kein schlechter Mensch.

Er flucht leise und rüttelt am Türgriff, aber ich habe abgeschlossen.
„Ich bin unten beim Frühstück.", brummt er und ich antworte nicht darauf. Na endlich, soll er doch gehen.
Bevor er weit genug ist, höre ich ihn noch murmeln:„Göre."
Seine Schritte sind laut und er knallt die Tür hinter sich zu, dass ich das Badezimmer verlasse und zu der weißen Doppeltür schaue.
Verdammter Mistkerl.

Auf der stillen Fahrt zum Veranstaltungsort kommen wir am Mailänder Dom und der Galleria Vittorio Emanuele II vorbei, dass ich näher an das Fenster der schwarzen Limousine rücke und mir die Sehenswürdigkeiten anschaue, bevor wir vorbeifahren.
Ich kenne diese beiden Sehenswürdigkeiten bloß, weil ich zuhause noch im Internet nachgesehen habe, was ich mir unbedingt ansehen will.
Yaz fliegt schon morgen früh nach der Show heute wieder nach Hause, was bedeutet, dass wir unser Touristensein unbedingt heute noch irgendwann ausleben müssen. Gestern hatten wir nicht genug Zeit, wobei ich bezweifle, dass es heute anders wird.
Wir brauchen Fotos von uns vor dem Mailänder Dom an unserem Kühlschrank!

„Kann ich nach dem Check heute noch etwas herumgehen?", frage ich monoton und sehe zurück neben mich zu Herr Sezin, der selbst aus dem Fenster gesehen hat. Mit zusammengezogenen Brauen dreht er den Kopf zu mir.
„Wo möchten Sie denn hin?"
„Überall.", antworte ich und zucke mit den Schultern,„Ich will meinen Urlaub auskosten."
Einen Moment lang sieht er mich an, dann schließt er die Augen und atmet tief durch, bevor er mich wieder aus seinen rotbraunen Augen anschaut.
„Das ist eine Geschäftsreise.", seufzt er.

D E M I R

Die Zeit vergeht unglaublich schnell. Vor allem, wenn man ständig beschäftigt ist.
Erst heute Morgen sind wir zum Veranstaltungsort gefahren, um den Models bei den Proben zuzusehen und jetzt sind wir schon wieder im Hotel und machen uns fertig, weil die Show gleich beginnt.
Ich habe mich für eine Chinohose und kurze Schnürstiefel -beide natürlich in schwarz- mit einem grüngrauen Hemd entschieden.
Ich kann noch so viele bunte Kleider zeichnen wie ich will, am wohlsten werde ich mich immer in schwarz fühlen.

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