90|hassen oder zu sehr mögen

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M I R A

Fünf Wochen lang haben Herr Sezin und ich unser Verhalten in unseren Positionen perfektioniert und man könnte annehmen wir wären nur irgendein Chef und seine Assistentin, statt... was auch immer da nun zwischen uns war.

Wir sprachen nur während Meetings, wenn andere Personen anwesend waren, und zu den wöchentlichen Planbesprechungen miteinander, doch auf den Fluren haben wir uns nicht einmal angesehen, wenn wir aneinander vorbeigekommen sind.
Über das, was Herr Sezin letzten Monat im Schneiderzimmer tun wollte, haben wir natürlich auch nicht mehr geredet. Stattdessen ist es unter den Teppich gekehrt worden und wie es den Anschein macht, wird es auch zunächst dort bleiben. Versteckt und für niemanden zu erreichen.

Hätte Alex mich nicht in dem Moment angerufen, dann hätten wir uns ganz sicher geküsst. Ich konnte es fast schon spüren. Den sanften Druck seiner Lippen und die Liebkosungen seiner Zunge.

Stattdessen tun wir nun so, als wären die letzten Monate nie zwischen uns passiert und die Funken nie übergesprungen, dass man ein Feuer hätte legen können. Seit der letzten Aktion bin ich mir nämlich sicher, dass Herr Sezin, wenn auch nur unterbewusst oder für den Moment, mich auch wollte. In dem Ausmaß wie mein Verlagen für ihn halte ich es nicht, aber auf jeden Fall ist da etwas.

Es ist sieben Uhr dreißig am Freitagmorgen, als ich auf meinem Koffer vor dem Atelier sitze und wir alle versammelt sind. Nun, alle, würde ich dann doch nicht wieder sagen, weil wir bloß die Designer, Assistenten und Sekretäre, sowie die zwei Chefs höchstpersönlich und Melisa sind.
Wir haben drei Autos zur Verfügung in die wir uns nun einteilen müssen, um überhaupt nach Winterberg zu gelangen und jetzt, da auch der letzte angekommen ist, können wir gerne los.

Wie auch immer wir uns einteilen werden, ich bin fest entschlossen nicht mit Herr Sezin in einem Auto mitzufahren.

„Wieso siehst du aus, als würdest du zu deiner Hinrichtung fahren?", fragt Leo, als sie zu mir kommt und sich neben mich stellt. Mit verschränkten Armen schaue ich weiter über die lange Einfahrt des Unternehmens, das sich hinter mir auftürmt.
„Tue ich nicht."
Ungläubig nickt Leo und richtet ihre Mütze.
„Als wenn. Du solltest lächeln, es wird Spaß machen!"

Ganz sicher wird es das, wenn ich mir mit ihr und Nova die Kabine teile. Leo ist kein Problem, sie mag ich, aber mit Nova hätte ich nicht für das Wochenende in ein Zimmer gesteckt werden müssen. Sie geht mir seit Wochen auf die Nerven, denn sie kann es nicht sein lassen hin und wieder überflüssige Kommentare -an mich gerichtet natürlich- in den Raum zu werfen.

„Scheint so, als wäre Mira nicht mehr der Chefliebling.", höhnt sie mit schmalem Grinsen, wenn Herr Sezin mich anmeckert, meine Pause nicht zu überziehen. Dabei hatte ich nicht einmal überzogen!
Selbst der schadenfrohe Gesichtsausdruck, den sie nicht zu verstecken versucht, wenn Herr Sezin bei Meetings meine Fragen ignoriert und geht, dass ich ihm nachlaufen muss, wie ein dummer Hund.

Mein einziges Ziel für diesen Firmenausflug wird sein, Nova nicht unter einem Schneeberg zu begraben.
Und Herr Sezin genauso.

„Okay, Leute! Wir haben die Aufteilung!", ruft Melisa, als ihre Beratung mit den paar Männern endlich vorüber ist. Na endlich!
Ich stehe von meinem Koffer auf und trappe mit diesem zu ihr herüber, während Levi und Noah aus der Buchhaltung, bereits Reisetaschen in Kofferräume beladen.

„Livia, Leo, Jimin und Levi, ihr würdet dann gemeinsam in dem Rolls Royce fahren.", erklärt sie und zeigt zu dem schwarzen SUV, in dem Jimin bereits den Motor startet,„Kerem und ich fahren mit Deon und Noah in seinem Mercedes und übrig bleiben dann Demir, Mira und Nova."
Der pure Albtraum also.

Alle beginnen zu ihren zugewiesenen Autos zu gehen, doch ich schüttle den Kopf und packe Melisa am Arm.
„Das geht nicht! Kann ich nicht tauschen?"
Sie zieht eine Braue hoch und schaut meine Hand an ihrem Arm an.
„Wieso denn?"

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