115|Sie macht mich ganz

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D E M I R

Wir fahren nicht zu mir nach Hause und auch nicht in Miras Wohnung.
Das erwähnt sie wie beiläufig, nachdem sie aus dem Nichts über die Mittelkonsole gegriffen und das Lenkrad rumgerissen hat, dass ich gezwungenermaßen rechts abbiegen musste, als wäre sonst wer hinter uns her. Die Autos hinter mir hupen und ich fahre fast einen Fahrradfahrer um, bevor ich wieder die Kontrolle über das Auto habe. Der alte Mann auf dem Fahrrad fällt fast hin und starrt uns mit weit aufgerissenen Augen hinterher.

„Ups.", sagt Mira, während sie nach hinten sieht. Ich sage nichts, doch mein Blick sollte ausreichen, um ihr zu vermitteln, was ich tun würde, wenn ich mich nicht auf die Straße konzentrieren müsste. Sie grinst mich schuldbewusst an.
„Du und Autos funktionieren nicht zusammen." Ich zeige warnend auf sie, als sie den Mund öffnet, um zu protestieren. „Selbst als Beifahrerin nicht." Sie sinkt in ihren Sitz und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Es gibt auch noch Mofas...", murmelt sie vor sich hin. Ich bezweifle stark, dass sie mit Mofas eine bessere Zukunft haben wird.

Der Weg, den sie mir vorgibt, führt aus der Innenstadt heraus und ich gebe es auf zu erraten, wohin sie uns mit ihren Wegweisungen führt. Wo auch immer unser Ziel ist, ich hoffe sehr, dass es dort ein verfügbares Bett gibt, damit ich mich endlich so tief in ihr vergraben kann, dass ich nie wieder mehr hinausfinde. Scheiße, es muss mittlerweile nicht einmal ein Bett sein.
Auf der riesigen Ankündigungstafel beginnen diverse andere Städte samt ihrer Entfernung zu stehen, genau wie das Kölner Flughafen.

„Sei ehrlich.", sage ich, als sie mich die Ausfahrt zum Flughafen nehmen lässt,„Du hast mir den falschen Weg beschrieben. Sag mir einfach wohin es geht und ich fahre uns dorthin." Sie verzieht den Mund und sieht mich an, als hätte ich ihr gestanden zum Frühstück Babys zu essen.
„Wir sind richtig. Wir fliegen übers Wochenende weg." Glücklicherweise habe ich bereits angehalten, denn sonst wäre ich mitten auf der beschäftigten Straße des vollen Flughafens stehengeblieben.
„Wie bitte?"
„Jetzt park schon, damit wir einchecken können." Einen Moment starre ich sie noch an, doch Mira nimmt ihre Aussage nicht zurück.

Skepsis wächst mit jeder Sekunde mehr in mir und ich kann nicht glauben, dass wir wirklich wegfliegen, selbst nachdem wir für ein Erste Klasse Flug nach Budapest einchecken.
Das Picknick war bereits das Highlight all meiner Geburtstagsfeiern über die Jahre und ein Wochenendtrip nach Ungarn obendrauf? Das klingt nicht sehr nach Mira, eine Frau, die bisher ein einziges Mal Deutschland verlassen hat und nicht gerade begeistert vom Flug war.
Den Sonnenuntergang beobachten und sich von mir mit Erdbeeren füttern lassen? Das ist Mira.

„Ich habe gelesen, dass man die Feuerwerke unbedingt von der Kettenbrücke beobachten soll.", sagt Mira, als wir uns in unsere breiten Sitze im Flugzeug setzen und anschnallen,„Oder überhaupt eine der neun Straßenbrücken, aber besonders diese Brücke. Wahrscheinlich, weil sie so bekannt ist und dort der meiste Tumult sein wird. Es soll auch viel Live-Musik auf den Straßen geben und ich habe irgendeine Tradition mit Linsen nachgelesen. Das müssen wir uns genauer anschauen. Es war etwas über Glück im nächsten Jahr. Denke ich."
„Was wird mich in Budapest erwarten?", frage ich entgegen ihrer aufgeregten Erzählung,„Wer und was ist dort?" Sie schürzt die Lippen und ich sehe in ihren Augen, dass sie abschätzt wie viel sie mir verraten sollte.

„Okay, kein Grund ein Geheimnis daraus zu machen, oder? Wir sind schließlich schon im Flieger.", meint sie und ich reagiere nicht, dass sie fortfährt,„Es ist die Idee und Überraschung deiner Freunde und sie warten alle bereits dort auf uns. Also mach dich gefasst auf eine riesige Geburtstags-Schrägstrich-Silvesterparty."
„Du hast mich mit Sex reingelegt."
„Ich habe nie behauptet, dass wir Sex haben werden." Ich glaub's nicht.
„Es war impliziert.", brumme ich.

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