69|emotionaler Betrug

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D E M I R

Es ist der beste Schlaf, den ich seit Langem hatte.
Ich fühle mich so erholt wie seit Wochen nicht mehr.

Blinzelnd öffne ich die Augen und drehe den Kopf an die Seite, dass meine Nase an Frau Acars Kopf stößt und ich ihren Duft einatme.

Schon wieder liegt sie in meinen Armen.

Ich schätze, wenn wir nebeneinander liegen, werden unsere Körper wohl immer zueinander finden, egal, wie sehr sie sich an das andere Ende des Bettes klammert.

Sie ist wie ein riesiges weiches Kuscheltier, deswegen ist es auch so angenehm neben ihr einzuschlafen.
Sie klammert an mir wie ein Äffchen, hat die Arme um mich gelegt und ihre Wange fest gegen meine Brust gepresst.
Sie ist so warm und zierlich in meinen Armen und passt vollständig auf mich drauf, während wir eingekuschelt in ihrem Bett liegen.

Gestern Nacht war nicht, wie ich es erwartet hatte.
Ich war mit Rosa spazieren, habe mir fest vorgenommen früh schlafen zu gehen und plötzlich habe ich mich in Frau Acars Bett wiedergefunden. Ich hätte nicht gedacht, dass ich hier enden würde, wir uns diese Dinge auf dem Sofa sagen würden -was ich normalerweise nicht getan hätte- und dass sie hier im Bett so ehrlich zu mir gewesen wäre.

Dass in Frau Acar ein kleines Mädchen lebt, habe ich schon lange akzeptiert, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie sich dessen bewusst ist und es auch zugeben würde.
Sie ist als Kind früh erwachsen geworden, also nimmt sie sich nun als Erwachsene das Recht ihre Kindheit nachzuholen. Aber das klappt natürlich nicht. Erwachsene können sich nicht wie Kinder benehmen. Es wäre das reinste Chaos, wenn wir alle wüten und toben würden, als wären wir acht Jahre alt.

Ich wünschte ich könnte ihr jeden Schmerz nehmen, den sie spüren musste.
Missbrauch passiert nicht nur auf sexueller und körperlicher Ebene und ich bin mir sicher, dass Frau Acar einen Haufen von jeglichem Missbrauch wegstecken musste.
Am liebsten würde ich für immer hier, mit ihr in meinen Armen, im Bett liegen bleiben und sie vor jedem beschützen, der die Macht besitzt ihr wehzutun.

Sanft streiche ich die Haarsträhnen aus ihrem Gesicht und sie zieht die Nase kraus. Sie dreht den Kopf herum und presst ihr Gesicht kurz gegen mich, bevor sie laut seufzt und ihre Beine ausstreckt. Mist, ich habe sie aufgeweckt.
Sobald sie die Augen öffnet sieht sie verschlafen zu mir auf.

„Guten Morgen.", sage ich mit einer kratzigen Stimme und sie blinzelt mehrmals.
„Morgen.", gähnt sie mit vorgehaltener Hand und legt ihren Kopf wieder zurück auf meine Brust, als wäre es das Natürlichste auf dieser Welt,„Wie lange sind Sie schon wach?"
„Nicht lange. Ich bin kurz vor Ihnen aufgewacht."

„Wie spät ist es? Sie müssen doch gehen, sonst kommen Sie zu spät.", nuschelt sie, während sie über ihre Augen reibt.
„Ich kann nicht zu spät kommen. Alle anderen sind zu früh.", behaupte ich und lege meine Hand an ihre Schulter, weil sie sonst nur in der Luft hängt.
„Das sagt man bei Königen, nicht bei Chefs. Es gibt feste Arbeitszeiten.", beteuert sie. Sie liegt immer noch auf mir.
„Nicht für mich.", stelle ich klar.

„Außerdem müssen Sie auch aufstehen. Sie müssen heute mit Herr Jonsen zu den Proben mit den Kindern." Sie hebt ihren Kopf wieder an, um mich stirnrunzelnd anzusehen.
„Ach, das war ja heute." Ich nicke.
„Und ich arbeite wieder für Sie.", fügt sie hinzu, dass ich erneut nicke. Ob sie heute ihre Meinung geändert hat? Ich habe meiner Meinung nach genug Rücksicht genommen und sie sollte das Angebot besser annehmen.

Seufzend dreht sie sich von mir herunter und auf die andere Seite des Bettes. Ihr fehlendes Gewicht auf mir fühlt sich wie ein sofortiger Verlust an.
Sie hat gestern noch etwas gesagt, bevor sie eingeschlafen ist.

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