116|liebt immer einer mehr?

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D E M I R

Das Wochenende in Budapest war... gut.
Mehr oder weniger.

Die Party, die für mich organisiert wurde, war gut. Die Feuerwerke und die Live-Show waren auch gut. Der Blowjob in einer verstaubten Besenkammer war sehr gut und das wilde Rummachen mit Mira davor und danach ebenso.

Aber ich hatte ein Hotelzimmer für mich alleine und das war nicht so gut.

Mira hat sich ein Zimmer mit Yaz geteilt und jedes Mal, wenn ich sie in mein Zimmer locken wollte, hat Mira mich abserviert und ist mit Yaz oder sogar Kerem, Mert und Melisa irgendwohin gegangen. Nur nicht mit mir allein, weil sie es nicht wollte. Sie hat sogar Selin mit auf ein Abendessen, welches zwischen uns sein sollte, gezwungen, damit niemand auch nur auf die Idee kommen könnte, dass wir etwas hätten, das über Boss und Assistentin hinauslaufen würde. Selin hatte natürlich kein Problem damit.

Alles, was ich dieses Wochenende tun sollte, ist Mira meine Liebe auszudrücken und ich habe nicht eine Sekunde Zeit dafür bekommen.
Sie verwirrt mich.
Sie führt mich zu einem romantischen Picknick aus, fliegt mich für ein Wochenende weg und schenkt mir eine Platte, die mir in der Sekunde, in der ich sie in der Hand hielt, jahrelanges schlechtes Gewissen genommen hat, nur, um mich dann auf Abstand zu halten.

Manchmal denke ich, dass sie mich nicht so mag wie ich sie. Dass ich mehr fühle. Zu viel fühle.

Zu Miras Verteidigung muss ich hinzufügen, dass überall die Paparazzi gelauert hat, ganz gleich, wo genau wir waren. Wir wären innerhalb von Minuten bekannt gewesen und das scheint Miras größter Albtraum momentan zu sein.

Arsen Hala umarmt mich am späten Montagnachmittag ganz fest, nachdem ich von der Arbeit nach Hause komme.
„Wir sehen uns wieder."
„Wahrscheinlich.", meine ich und bin mir sicher für die nächsten Wochen kein Lebenszeichen von ihr zu erhalten.
Kerem steht genervt an der Tür und schaut auf seine Armbanduhr, während seine Mutter mich verhätschelt und meine Wangen kneift, als wäre ich ein kleiner Junge. Er murmelt etwas davon, dass sie ihren Flug verpassen wird, doch es scheint sie nicht zu interessieren.

Sie fliegt wieder weg, weil eine Woche bereits zu viel für sie war und sie sich, ihren Aussagen nach, in Budapest verliebt hat und noch etwas mehr Zeit dort verbringen will. Also hat sie gleich heute Morgen ein Flug zurück dorthin gebucht.
Kerem trägt ihre Koffer aus dem Haus und sie folgt ihm, dann ist es still.

„Demi!" Oder auch nicht.

Selin ruft mich noch ein paar Mal, bis ich mich augenrollend umdrehe und zum Wohnzimmer gehe. Sie sitzt mit ausgestreckten Beinen auf dem Sofa und lächelt breit, als ich im Türrahmen erscheine.
„Was denn?"
„Ich will Aufmerksamkeit."

Wann will sie das denn nicht? Selin hat jedermanns Aufmerksamkeit auf sich seit dem Tag, an dem sie geboren ist. Ich rühre mich nicht und Selin winkt mich vergebens zu sich heran.
„Wie lange willst du noch hier bleiben?", hake ich nach und ihr Lächeln verschwindet augenblicklich. Dunkel sieht sie mich aus den grünen Augen an.
„Willst du mich etwa schon loswerden?" Ihre Stimme ist eine Oktave tiefer geworden und eine Warnung schwingt mit, aber der Tag, an dem ich Angst vor dieser Frau haben werde, die weinte, weil sie schwören könnte ihr Kuscheltier habe sie angeblinzelt, ist noch nicht geboren. Sie war zwölf. Man würde meinen in dem Alter wüsste sie, dass Kuscheltiere nicht blinzeln.
„Ich meine wegen der Uni."

Selin kneift die Augen zusammen, doch belässt es dabei und sieht von mir ab zu Rosa. Sie sitzt auf der anderen Seite vor dem Sofa, als wäre sie eine Statue und beobachtet Selin, als wäre sie ein Wachhund. Sie greift Selin nicht mehr an, doch sie macht deutlich, dass sie ihrer Meinung nach ein Eindringling ist. Wahrscheinlich ist sie in ihren Augen die Mutter, die sie damals verließ oder so.

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