127|neue Prioritäten setzen

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D E M I R

Noch nie habe ich einen Arbeitstag so sehr erwartet wie heute. Nicht einmal, als wir unsere größten Deals und aufwendigsten Kollektionen veröffentlicht, vermarktet und für Milliarden verkauft haben.

Nachdem meine Freunde gegangen und mich in Ruhe gelassen haben, lag ich nicht nur erkältet im Bett, sondern habe mich dazu aufgerafft Mira anzurufen. Sie ist nicht drangegangen. Nicht beim ersten Mal und auch nicht beim sechsten Anruf. Gestern Abend war ich fest entschlossen zu ihr zu fahren, um über die Situation zu reden, aber ausgerechnet Kerem hat mich davon abgehalten. Er meinte sie würde mich nicht anhören wollen und es sei noch alles zu frisch, aber es ist für mich länger, als nötig. Es hätte nie so weit kommen müssen und ich will es aus der Welt schaffen. Mira wieder in meinem Leben.

Bin ich immer noch verletzt von ihrem Verhalten? Ja, aber ich will sie trotzdem bei mir wissen. Es ist verstörend wie die Liebe wirkt, dass ich die Person, die mich am tiefsten verletzt hat, dennoch bei mir haben will, dass sie diejenige sein kann, an die ich mich wende. Verrückt. Aber es ist nun mal so und ich vermisse sie.
Ich hätte auf sie hören sollen, als sie vorschlug, dass wir in Ruhe darüber reden sollten.

Ich bereue nicht, dass ich ihr gesagt habe, wie ich mich fühle, nur die Art und Weise, wie ich es getan habe, hätte nicht sein müssen. Ich habe Mira absichtlich mit meinen Worten verletzt und das bereue ich.

Mira hat sich auch für diese Woche krankgeschrieben, daher erwarte ich nicht, dass sie dennoch im Atelier auftaucht, doch ich habe Frau Visser an der Anmeldung unten gesagt, dass sie mich anrufen soll, sollte es doch der Fall sein, dass Mira erscheint. Ihr leeres Büro hat mir schon ein stechendes Gefühl in die Brust gejagt und allein die Vorstellung, dass sie nie wieder kommen könnte, macht mich wahnsinnig.

Seufzend blättere ich die Entwürfe durch, als das Telefon auf dem Tisch klingelt. Sofort lasse ich alles liegen und nehme den Hörer in die Hand.
„Ja?"
„Herr Sezin, Frau Acar ist nicht da, aber jemand, der behauptet ihr Freund zu sein..." Frau Visser macht eine Pause und bittet eine Person bei sich, seinen Namen zu wiederholen „Aras, sagt er. Sie würden ihn bereits kennen?" Warum ist ausgerechnet er hier?

Wenn er gekommen ist, um sich zu streiten, dann bitte. Es würde mir jedoch nicht wirklich mit Mira helfen, wenn ich mich mit ihrem Freund prügle.

„Lass ihn hochkommen." Ich knalle den Hörer zurück an seinen Platz und reibe mir übers Gesicht, um die Furche zwischen den Brauen loszuwerden, doch es klappt nicht. Die harten Züge scheinen nicht verschwinden zu wollen.

Ein schlimmes Gefühl macht sich in mir breit. Aras ist natürlich nicht zufällig hier. Mira hat ihn geschickt und sie hat ihn bestimmt nicht hergeschickt, damit er mir weismacht, was für ein Idiot ich an dem Abend war. Nein, er wird etwas vorbeibringen. Und ich weiß, dass ich das, was er bei sich hat, nicht mögen werde.

Ein Klopfen trifft auf das harte Holz der Tür und Aras kommt herein, in seiner linken Hand ein Manila Umschlag, dessen Inhalt ich bereits kenne, ohne es gesehen zu haben.

„Was willst du?", frage ich gerade heraus. Wir müssen nicht drumherum reden. Aras sieht mich an, wie ich es von ihm erwartet habe und er scheint sich auch nicht mit Gerede aufhalten zu wollen.

„Miras Kündigung vorbeibringen."

„Nein." Die Antwort entweicht mir, bevor ich darüber nachdenken kann, denn das brauche ich auch nicht. Sie kann nicht kündigen. Nicht so.
Aras zieht kein Gesicht, er regt sich sogar im Gesamten kaum, bis auf, dass er nähertritt.

„Ich bin nicht hier, um das mit dir zu diskutieren. Mira wollte, dass ich das vorbeibringe und das habe ich hiermit getan." Er legt den Umschlag unterstreichend zu seiner Aussage auf den Tisch zwischen uns. Scheiße, das ist das Ende. Das kann aber nicht das Ende sein.

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