99|Miras kleines Geheimnis

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M I R A

Ich weiß nicht, ob es daran liegt, dass ich gestern Abend in nichts weiter als einem Bikini durch Schnee gewandert bin, weil ich zu erregt war, als dass ich die Sache bedenken konnte oder ob es mit einem Mal zwanzig Grad kälter ist, aber selbst mit meinen dicken Handschuhen und dem Schal, der mir bis zur Nase um den Hals gedreht ist, ist mir kalt.

Die Sonne scheint zwar, doch sie ist verborgen hinter Wolken, die immer wieder über sie ziehen und ein eisiger Wind weht ständig unter meine Jacke. 
Es reicht mir allmählich mit dem Winter. Ich will endlich wieder den Sommer begrüßen können.

„Da hinten.", sagt Nova und ich folge ihrem Finger über den Parkplatz. Wir sind die letzten, die ihre Koffer über den Parkplatz rollen, weil Nova ihren Koffer nicht fertig gepackt hatte und ich mir womöglich etwas zu viel Zeit dabei gelassen hatte, mich fertig zu machen.

Als ich vor einigen Stunden ins Zimmer gekommen bin, sind sie und Leo glücklicherweise erst langsam aufgewacht und haben nicht mitbekommen, dass ich die Nacht nicht im Zimmer verbracht hatte, sondern knutschend und kuschelnd mit unserem Chef eingeschlafen bin.

Wahrscheinlich war das die mit Abstand beste Nacht in meinem Leben, wobei ich davon ausging, dass wir miteinander schlafen würden. Ich habe keine Ahnung was in letzter Sekunde seine Meinung geändert hat, doch ich bin mehr als nur dafür, wenn wir die Spannung weiter aufbauen und die Sache hinauszögern, wie er es zu mögen scheint.
Gestern ist unser allererster Kuss gefallen. Soweit ich weiß gibt es kein Handbuch, das besagt, dass der erste Sex noch am selben Tag passieren muss.

Besagter Chef steht nun mit mindestens fünfzehn Metern und zwanzig Autos zwischen uns bei den anderen, die sich alle vor den Firmenwagen versammelt haben. Ein Auto nach dem anderen beginnt vom Parkplatz zu fahren, bis nur noch die üblichen Personen übrig bleiben.
Augenrollend schiebe ich meinen Koffer weiter.

„Hast du einen Sezin-Sensor, oder was?" Meine Frage ist eher für meine Ohren allein bestimmt und ich erwarte gar keine Antwort von Nova, doch ich muss zu laut gesprochen haben.
„Jeder attraktive Mann in einem zwanzig Meter Radius ist auf meinem Radar erkennbar."
Ich muss meine Lippen zusammenpressen, um darüber nicht zu lachen. Wenn wir es nicht auf den selben Mann abgesehen hätten, könnten wir uns sicher gut verstehen.
Nova hat zwar etwas unfassbar unausstehliches an sich, doch zeitgleich denke ich, dass wir uns auf einer gewissen Ebene entgegen hätten kommen können.

„Ich habe dir übrigens nicht abgekauft, dass du gestern noch ins Zimmer gekommen bist.", sagt sie plötzlich und mein unterdrücktes Lächeln zerfällt, bevor ich es zulassen konnte. Seufzend hebe ich meinen Koffer über einen Stein und konzentriere mich auf den Weg vor mir.
„Wieso sollte es mich kümmern, was du denkst? Kauf ab, was du willst.", entgegne ich.
„Wir werden sehen, ob es dich kümmern sollte.", murmelt sie und ich würde gerne etwas darauf erwidern, doch wir sind schon bei allen anderen angekommen.

Was zur Hölle will sie bitte tun?
Nova ist wie ein Schoßhündchen. Herr Sezins selbsternanntes Schoßhündchen, das nicht beißt, sondern nur bellt.

Melisa klatscht in ihre behandschuhten Hände, als wir neben ihr stehenbleiben.
„Dann lasst uns mal fahren, Leute!" Mit einem kleinen Lächeln und einer wachsenden Vorfreude auf die Fahrt mit ihm will ich zu dem Jeep gehen, doch Melisa legt ihre Hand an meinen Arm, dass ich mich wieder zu ihr umdrehe, während alle anderen zu den jeweiligen Autos gehen.

„Was ist denn?"
„Dieses Mal bin ich deinem Wunsch nachgekommen.", sagt sie und zeigt zu Herr Sezin, der mit neutralem Gesichtsausdruck gegen sein Auto lehnt. Er hat keinerlei Ausdruck in seinem hübschen Gesicht und seine Augen blicken uns an, als wäre dahinter nichts los.
Verwirrt ziehe ich die Brauen zusammen.
„Mein... Wunsch?"

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