57|„Empfindest du etwas für sie?"

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M I R A

„Das ist schön.", meint Aras, während wir am Rhein entlang spazieren. Das Wetter ist zum Spazieren auch sehr geeignet, mit dem klaren Himmel und der frischen Brise, die durch meine Haare weht.
„Stimmt. Das sollten wir öfter machen.", sage ich und hake mich bei ihm ein.
In der Ferne ertönt ein Klicken, dass wir beide nach rechts schauen. Dort sitzt ein Fotograf und hat die Kamera schamlos auf uns gerichtet, während wir gehen und versucht nicht einmal zu verstecken, dass er uns fotografiert hat.
„Aber bitte ohne dieses Detail.", seufzt er und dreht mit seinen Zähnen an seinem Piercing.
„Ich habe mich schon fast daran gewöhnt.", gestehe ich und Aras zieht einen Mundwinkel hoch.
„Bin ich also mit einem kleinen Star befreundet?"

Lachend lehne ich den Kopf an seiner Schulter ab und komme nicht dazu etwas zu sagen, weil mein Smartphone in meiner Jackentasche zu klingeln beginnt.
Ich ziehe es heraus und runzle die Stirn, als ich lese, wer mich da anruft. Was will er denn jetzt?
Aras schaut ebenfalls auf mein Handy.
„Blödmann Boss?", liest er und schaut mich fragend, als auch amüsiert an.
„Es erschien mir wie ein passender Name.", antworte ich achselzuckend und nehme den Anruf an, weil er nicht aufzulegen scheint, auch, wenn es schon seit einer Weile klingelt.

„Ja?"
„Wo sind Sie? Ich warte seit einer gefühlten Ewigkeit. Ich möchte einen Kaffee.", blafft er mich sofort an, dass ich die Augen zusammenkneife, denn was zur Hölle? Einen Kaffee? Sollte ich so etwas für ihn besorgen?
„Ich bin doch mit Aras draußen.", erinnere ich ihn und er stockt am anderen Ende.
„Ach... Schon?", fragt er plötzlich ganz kleinlaut.
„Ja.", antworte ich langsam und schaue flüchtig zu Aras, doch er schaut zum Rhein und beobachtet die anderen Menschen um uns.
„Hm. Das wusste ich nicht, na gut.", meint er, doch ich habe mich von ihm verabschiedet, als ich losgegangen bin. Er weiß, dass ich nicht im Unternehmen bin.

„Außerdem bin ich nicht länger Ihre Assistentin, dass Sie mich nach einem Kaffee bitten.", füge ich hinzu und er schnaubt nur,„Wenn es nicht mehr zu sagen gibt, dann lege ich jetzt auf."
Doch er legt schon auf.
So unhöflich!

„Er weiß sicher gar nicht, dass die Worte Hallo und Tschüss existieren.", sage ich sofort an Aras gewandt und stecke mein Handy wieder weg,„Vielleicht sollte ich ihm zwei große Plakate basteln, die er sich vor den Schreibtisch hängt, bis die Worte sich eingeprägt haben."
Aras grinst mich an.
„Du scheint dich an ihn gewöhnt zu haben."
An Herr Sezin gewöhnen? Geht das überhaupt?

Mir fallen all die Dinge ein, die ich schon in so kurzer Zeit mit ihm erlebt habe und es kommt mir nicht so vor, als würde ich ihn erst seit eineinhalb Monaten kennen.
Mit einem Mal weiß ich auch gar nicht mehr, was ich den ganzen Tag über gemacht habe, als ich noch nicht bei ihm gearbeitet und regelmäßig Konter mit ihm ausgetauscht habe. Es erscheint mir alles wie eine Selbstverständlichkeit. Als wäre er schon immer da gewesen.

„Anscheinend.", antworte ich verspätet und Aras öffnet dem Mund, dass er weiter darauf eingehen kann, doch mein Handy klingelt schon wieder. Und es ist wieder Herr Sezin.

„Was ist schon wieder?", seufze ich in den Hörer, sobald ich abhebe.
„Wo ist die Mappe?", fragt er und meine Schritte werden langsamer. Schon wieder ein Mappenproblem? Nein, dieses Mal werde ich mich nicht auf eine unnötige Suche begeben, wenn er nicht vorher jeden aus dem Atelier darauf angesprochen hat.

„Welche?" Erst antwortet er nicht und ich höre nichts vom anderen Ende der Leitung.
„Äh... Diese eine. Die... rote.", beschreibt er zögerlich, dass ich die Stirn runzle. Hatte ich so etwas bei mir gehabt?
„Welche rote Mappe?"
Was ist heute denn nur los mit ihm? Er war schon heute Morgen so merkwürdig und wollte mich nicht einmal anschauen! Er ist regelrecht vor mir geflüchtet!

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