101|es ist ein Leichtes ihn zu lieben

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M I R A

Er ist wütend auf mich.

Er sagt es zwar nicht, doch ich merke es an der Art und Weise, wie er mit mir umgeht. Zwar ignoriert er mich nicht -ganz im Gegenteil- er ist schon den ganzen Morgen bei mir und hält mich in seiner Nähe -verlangt von mir, in seinem Büro zu arbeiten, statt in meinem eigenen.

Seine Unruhe macht er deutlich durch die scharfen Blicke, die ich immer wieder auf mir spüre. Ich höre das Schnauben, wenn er eine Weile lang in meine Richtung gesehen und nachgedacht hat und er dreht seinen Lieblingsstift immer wieder zwischen den Fingern, statt wirklich zu arbeiten.

Ich blicke von meinem Laptop auf und er wendet seinen Blick in genau dem Moment ab, dass ich seufze und meinen Laptop etwas zuklappe.

„Was ist los?", frage ich schließlich, denn so kann ich mich nicht konzentrieren.
Er schaut von seinem Computerbildschirm zu mir und sein Blick könnte nicht kälter sein.
„Bezogen auf was?" Na was wohl? Will er das den ganzen Tag lang machen?
Ich klappe den Laptop zu und lege ihn neben mich auf das Ecksofa, auf dem ich sitze.
„Du bist wütend auf mich."
„Ich bin nicht wütend." Als wenn!

„Und was ist dann? Ich merke doch, dass etwas nicht stimmt."
Er lehnt sich zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. „Was glaubst du denn?"
Ich will nicht raten. Er ist auch sonst kein Mann, der auf den Mund gefallen ist und unterdrückt, was er denkt. Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, um damit anzufangen.

Es klopft an der Tür und er sieht mich ununterbrochen an, erwartet eine Antwort von mir, um die Person hinter der Tür wegzuschicken, doch ich erwidere seinen Blick stumm. Was soll ich denn antworten? Ich habe keine Ahnung, weshalb er mich heute wieder nicht mag.
„Herein.", ruft er, als klar wird, dass ich nichts sage und er sieht erst von mir ab, als die Tür zur Seite geschoben wird.
Levi kommt herein und bleibt nah an der Tür stehen.

„Die Kollektion ist angekommen, Herr Sezin. Alles liegt im Studio.", berichtet er mit einem Klemmbrett in seine Händen. Von hier kann ich darauf eine Liste erkennen, die sicher die einzelnen Stücke der Kollektion aufgelistet hat. Ich stehe auf und klemme mir meinen Laptop unter den Arm, dass Levi sich zu mir umdreht und verwundert ansieht.
„Oh, ich habe dich gar nicht gesehen."
Ich deute auf die Zimmerpflanze, die zwischen dem Sofa und der breiten Tür steht.
„Dahinter ist man auch gut versteckt.", meine ich.

„Sie scheinen Versteckspiele zu mögen.", wirft unser Chef spitz ein, dass wir beide den Kopf zu ihm drehen. Er grinst mich an, doch es ist die Sorte von Grinsen, die er mir noch vor ein paar Monaten gegeben hätte. Als wäre ich nur eine kleine Bakterie.
„Wieso so zynisch, Herr Sezin?", hake ich nach und kneife die Augen zusammen,„Wurden Sie als Kind immer als erstes gefunden?" Wenn ich meine Grenzen bei ihm nicht andauernd testen würde, würde ich nun sicher unter seinem eisernen Blick schrumpfen. Seine Hände ballt er zu Fäusten, als müsste er sich davon abhalten mich zu erwürgen.
„Ich habe nie Verstecken gespielt. Frau Acar."

Mit diesem Kommentar steht er auf und verlässt sein Büro, dass Levi und ich zurückbleiben. Mit gerunzelter Stirn dreht er sich zu mir um.
„Was war das für eine Unterhaltung?" Wenn man es wörtlich nimmt, dann scheint unser Gesagtes keinen Sinn zu ergeben, doch hier geht es nicht ums Versteckspielen. Zumindest nicht um die Weise, wie es Kinder spielen.

Er glaubt ich verheimliche ihn.
Was ich auch tue, aber nicht, weil ich es so toll finde immer ein Auge auf unsere Umgebung werfen zu müssen, damit uns ja niemand sieht. Wieso versteht er nicht, dass wir beide nicht plötzlich Händchen haltend durch das Atelier laufen können?

___

Nachdem wir die Kollektion begutachtet und genehmigt haben, mache ich mich daran die Terminliste an die Models zu verschicken, um die Fotoshootings auch hinter uns zu bringen. Wir haben bereits angefangen an der nächsten Kollektion zu arbeiten und in nur wenigen Wochen werden wir der Welt von unseren anstehenden Plänen berichten.
Sobald ich fertig bin, mache ich mich geradewegs zu ihm auf.

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