129|das Ende des Kapitels oder Buchs?

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M I R A

Die Kündigung hätte ich Demir von Anfang an selbst vorbeibringen müssen. Ich wünschte ich könnte es Kerem geben, aber ich muss mich dem stellen. Es ist meine Entscheidung und ich muss dazu stehen, statt mich zu verstecken und zu hoffen, dass sich alles von selbst legt.
Yaz könnte das tun. Sie muss über die Jahre hinweg doch ein wenig auf mich abgefärbt haben, richtig?

Ich habe Demir von mir gestoßen, er hat mich verletzt und ich will es jetzt vorerst dabei belassen. Wir brauchen Zeit zum atmen.

Also muss ich diese Papiere Demir geben, damit er mich gehen lassen kann.
Und er wird es tun.
Er wird mich ja wohl nicht gegen meinen Willen bei sich behalten.

Ich sammle all meine Energie mit einem tiefen Atemzug und klopfe -wohl zum allerersten Mal- an die schwere Holztür und warte auf seine Antwort. Ich bin an Livia vorbeigekommen, ohne mich anzumelden, doch auch ohne sie weiß ich, dass er gerade alleine in seinem Büro sein müsste. In einer viertel Stunde hat er sein monatliches Meeting mit den Designern, genug Zeit bis dahin, um mich zu kündigen.

„Herein.", ruft er durch die Tür und ich schiebe sie nach einem weiteren Seufzen, mit dem ich meinen Mut sammle, an die Seite, um einzutreten.
Der Absatz meiner Stiefel lenkt seine Aufmerksamkeit von seinen Zeichnungen auf mich und die tiefen Furchen auf seiner Stirn schinden, sobald er sich auf mich fokussiert.

„Mira?"
„Die bin ich." Ich zwinge mir ein kurzes Lächeln auf, was nicht hält, bevor ich mit gutem Abstand zu ihm stehenbleibe. Meine Mundwinkel wandern nach dem fehlgeschlagenen Versuch geradewegs herunter, als würden sie schon immer so hängen. Selbst mein Lächeln ist erbärmlich geworden.

Er legt seinen Stift an die Seite und seine Augen wandern über meine dicke Winterjacke zu meiner Jeans und den hohen Stiefeln. Letztlich endet seine Musterung an dem Umschlag in meiner linken Hand. In wenigen Schritten erreiche ich seinen Schreibtisch und lege es über seine Unterlagen, bevor ich wieder meinen Platz näher an der Tür einnehme, als würde ich erwarten schnell flüchten zu müssen.

Ohne den Manila-Umschlag anzurühren sieht er wieder zu mir. Er braucht nicht hineinzusehen, um zu wissen, was ich ihm hingelegt habe.
Meine Hände verstecke ich in den Taschen meiner Jacke, als sie zu zittern beginnen. Ich sollte gehen. Die Tat ist getan und jetzt muss ich hier nur noch weg.

Ich bin schon dabei mich umzudrehen, als er sagt:„Ich werde alles für dich tun."
Seine Stimme ist leise und jagt eine Gänsehaut über meine Haut, als ich den Atem anhalte.

Einfach gehen.
Nicht nochmal zurückschauen.

Er steht auf und geht um den Tisch herum, dass ich noch einen Schritt zurück mache, als er auf mich zukommt.
Wenn ich die Augen jetzt nicht von ihm nehme, werde ich die Tür nicht aufmachen und gehen können. Noch bevor ich mich vollständig umdrehen kann, steht er bei mir.
„Aber ich werde dich nicht gehen lassen. Kann ich nicht."

Demir macht noch einen Schritt auf mich zu und ich spüre seine Körperwärme, ohne ihn zu berühren. Ich entscheide mich dagegen noch weiter zurückzutreten, nicht nur, weil ich gleich schon die Wand an meinem Rücken haben werde, sondern auch, weil er mich nicht bedrängen kann, als wäre ich nicht in der Lage bei meiner Entscheidung zu bleiben. Er wird mich nicht mit diesem intensiven Feuer in seinen Augen und schönen Worten einlullen können. Zumindest werde ich probieren es nicht zuzulassen.

Entschlossen hebe ich die ausgestreckte Hand zwischen uns und streife ihn versehentlich mit meinen Fingerspitzen, dass ich die Hand wieder an mich ziehe. In einer Stimme, die ich gerne etwas stärker gehabt hätte, füge ich zu meiner ausgestreckten Hand hinzu:„Danke für die Möglichkeit hier zu arbeiten und Erfahrungen zu sammeln. Es wird mir bei meiner weiteren Karrierelaufbahn sehr helfen."

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