89|kleine Träume der Unordnung

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D E M I R

Trotz der eisigen Kälte und dem Regen sitze ich auf dem Balkon, auf das mein Büro hinausführt und mit Kerems Büro nebenan verbunden ist, denn ich brauche diese Kälte gerade allemal, während ich über die Stadt schaue und probiere mich so auf andere Gedanken zu bringen.
Heute Morgen bin ich wieder mit einem Traum über Frau Acar aufgewacht und es fühlte sich so verdammt echt an, dass ich mir sichergehen musste, dass sie nicht in der Nacht zu mir gekommen und wirklich bei mir gewesen ist.

Natürlich habe ich mir aber gewünscht, dass sie da gewesen wäre.

Jedoch war es alles nur ein Traum. Wenn sie mir nur noch ein Zeichen geben würde, dann würde ich diese Träume endlich ausleben.
Oder wenn Melisa ihren Mund öffnen und beichten würde. Es wäre toll, wenn Ringkämpfe zwischen Frauen und Männer moralisch nicht verwerflich wären, denn momentan will ich mit Melisa sehr gerne in den Ring steigen, weil sie mich so einfach fallen lassen hat.
Wieso gönnt mir niemand diese Anziehung?
Seit zwei Monaten tänzeln wir um die Sache herum und machen mal einen Schritt aufeinander zu, nur, um zwei Schritte wieder zurückzugehen.

Alles, was ich brauche, ist noch eine Chance. Ein Moment, um zu sehen, ob dieses Verlangen all diesen Stress überhaupt wert ist.

„Was tust du hier draußen?", höre ich Kerem, dass ich den Kopf nach links zu seinem Büro drehe, doch er steht nicht in seiner Tür, sondern in meiner.
„Ich brauchte frische Luft.", seufze ich und stehe auf, um mit ihm in mein Büro zu gehen.

„Wegen Frau Acar? Habt ihr wieder gestritten?", fragt er, während ich mich auf meinen Stuhl setze und er sich mir gegenüber auf den Sessel fallen lässt.
„Nein. Sie schaut mich nicht mal lange genug an, dass wir streiten könnten."

Auf meinem langen Schreibtisch liegen die ganzen Utensilien zum Zeichnen ausgebreitet, weil ich nicht aufgeräumt habe, bevor ich rausgegangen bin, weshalb ich beginne die Referenzfotos der letzten Kollektionen auf einen Stapel zu schieben und die Buntstifte in den Stiftehalter sammle.
Es sieht aus wie der Basteltisch einer Kindergartengruppe.

Meinen mechanischen Bleistift nehme ich aber in die Hand und kritzle der blonden Frau in dem gelben luftigen Sommerkleid ein Muttermal unter die Lippe.
Das hier ist natürlich kein Teil der Winterkollektion, sondern eine Skizze, die ich teils unterbewusst gezeichnet habe. Das Kleid ist nicht ganz ausgemalt, weil mir beim Ausmalen aufgefallen ist, wen ich da überhaupt gemalt habe.

Daraufhin bin ich aufgesprungen und zum Balkon geeilt, um meine Nerven zu beruhigen.

„Demir?" Ich schaue zu Kerem, der meine Skizze betrachtet. „Was genau willst du jetzt von ihr? Willst du sie nur, weil du sie nicht kriegst?"
„Nein.", antworte ich, denn ich brauche gar nicht erst darüber nachdenken. Es ist kein Problem, das mein Ego betrifft. Würde es mir nur darum gehen etwas zu kriegen, von dem mir gesagt wird, das ich es nicht besitzen kann, dann hätte ich Frau Acar schon lange auf meinem Schreibtisch sitzen und sich mir hingeben.

Aber ich will sie mit allem, was sie hat. Ich mag sie und beim Mögen besteht die Gefahr, dass ich mir mein Herz brechen lasse, was ich auf keinen Fall zulassen möchte. Vor allem nicht am Arbeitsplatz, in meinem eigenen Unternehmen.

Verdammt, wäre sie doch nie meine Assistentin geworden. Hätte ich sie nie zurückgeholt, dann würde ich jetzt nicht meiner Assistentin mein Herz öffnen müssen. Damals vor ihrer Tür hätte ich sie küssen und abwarten sollen. Hätte sie mich abgewiesen, dann wäre ich mittlerweile sicher drüber hinweg und müsste hier nicht mit ihr zusammenarbeiten, weil ich sie nicht zurückgeholt hätte.
Vielleicht sollte ich das ganze doch besser sein lassen. Wann ist es denn schon gut gegangen, als sich jemand am Arbeitsplatz verliebt hat?

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