85|wie ein erwachsener Mann

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D E M I R

Ich bin ein Dummkopf.
Sie will mich nicht.
Oder sie will mich und hasst diese Tatsache so sehr, dass sie mich von sich stoßen will.
Ein Glück, dass sie mir sagte, dass sie alles vergessen wird, bevor ich ihr gestehen konnte, wie dringend ich sie an dem Abend küssen wollte.

In meinem Kopf ist dieser Montagmorgen ganz anders verlaufen.
Sie sollte zur Arbeit erscheinen, damit ich meine Gefühle für sie offen darlegen konnte, was sie dazu gebracht hätte, dass auch sie mir gesteht mich zu wollen und anschließend sollten wir im Büro heiß rummachen, der Beginn von heißem Bürosex, den wir ab heute jeden Tag haben würden.

So war meine Vorstellung zumindest.

Stattdessen hat sie sich in ihrem Büro eingesperrt und mich in den Wind geschossen. Ich habe im Internet ganze Fanseiten über mich und Hashtags darüber, wie heiß und begehrt ich doch bin und sie lehnt mich ab, bevor ich auch nur vernünftig klarstellen kann, dass ich sie will!
Ich hasse Montage von nun an.

Nach der Arbeit fahre ich ins Krankenhaus, um meinen Vater zu besuchen und auf den neusten Stand seines Zustandes zu kommen. Der neuste Stand ist, dass es keinen neuen Stand gibt. Es ist alles wie immer, er liegt dort, hört mich angeblich, aber reagiert nicht und ich gehe nach zwei Stunden wieder, meine Laune noch schlechter, als ohnehin schon.
Die Krankenschwester hat mich mitleidig angesehen und ich war so kurz davor zu unterschreiben, dass sie die Geräte einfach abstellen sollen, weil es sich seit Jahren weder bessert noch verschlechtert, doch bevor ich die Worte aussprechen konnte, bin ich aus dem Krankenhaus gestürmt.
Ich kann das nicht tun. Wie soll ich Selin erklären, dass ich seinen Tod unterschrieben hätte?

Zuhause mache ich nur einen kurzen Halt und fahre gleich ins Fitnessstudio weiter, um meine angestaute Energie loszuwerden, weil ich Zuhause das Gefühl habe, dass mich die Wände nur weiter einengen. Außerdem muss ich immerzu an Frau Acar denken.
In meiner Küche, wie sie beim Frühstück nach ihrer ersten Nacht hier, neben mir saß und mir erklärte, wieso grüne Oliven besser sind, als schwarze. In meinem Wohnzimmer, wo sie jede Ecke nach Inspirationen für ihre Entwürfe durchsuchte und in meinem verdammten Bett, in dem sie lag und mir zuflüsterte, dass sie mich mögen würde.
Ich muss umziehen.

Im Fitnessstudio bleibe ich nicht lange alleine und kriege die Gesellschaft von den drei redebedürftigsten Menschen, während ich mich aufwärme und ans Bankdrücken mache.
Laut atme ich aus und drücke die Langhantel hoch, dass Mert seine Hände unter die Stange legt, während er mitzählt, doch ich ziehe sie wieder zu mir herunter.
Schweiß bedeckt mich und ich spüre meine Arme beim nächsten Heben zittern. Ich bin so angespannt, ich habe das Gefühl jeden Moment zu explodieren, wenn mich jemand berühren sollte.

„Sie sperrt sich in ihr Büro, als wäre das kein Arbeitsplatz, sondern ihre Wohnung!", schnaube ich, denn ich kann es nicht sein lassen an heute Morgen zu denken, ganz gleich, was ich tue. Es spielt sich wie in Dauerschleife vor meinen Augen ab, als würde mein Kopf mich absichtlich foltern wollen.

„Hör auf zu reden, wenn du Gewichte hebst.", ermahnt Melisa mich von irgendwo neben mir. Mert lehnt sich etwas mehr über mich, dass ich nicht zur Decke, sondern in sein Gesicht schaue.
„Sie hat recht. Mach endlich mal eine Pause, du bist fast bei dreißig." Ich werde nicht aufhören. Nicht so lange ich noch diesen blonden Wirbelwind vor Augen habe.
„Wie viel stemmt er?", fragt Kerem von meiner anderen Seite.
„Sechzig.", antwortet Mert und Kerem pfeift.

„Erst am Freitag macht sie mich dumm an und lässt mich in dem Glauben, dass sie mich will, nur, um mich am Montag von sich zu stoßen. Was zur Hölle ist übers Wochenende passiert?", presse ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und hebe die Stange.
„Was murmelst du da überhaupt vor dich hin?", fragt Melisa und die Musik im Raum wechselt zu einem schnellen Lied aus den Charts.

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