7|nie und nimmer mit ihm

2.3K 142 61
                                    

M I R A

Ich glaube nicht an das Schicksal.
Ich denke auch nicht, dass das Leben wie ein Buch durchgeschrieben ist und wir nur noch durchleben, was nicht mehr geändert werden kann.
Nichts geschieht aus einem Grund.
Wenn man heute etwas zufällig anders macht, als gedacht, dann ändern sich nicht die nächsten sechzig Jahre.
Es sind die täglichen Entscheidungen, die den Weg vor uns ebnen.
Ansonsten hätte ich gestern eine scharfe Kurve in meinen geraden Weg eingeschlagen und gehe nun blindlings durch einen holprigen Weg, denn ich habe keine Ahnung mehr, was ich mache noch was auf mich zukommen wird.
Augen zu und durch, würde ich mal sagen.

„Soll ich dich später abholen?", fragt Aras und ich gebe ihm den dunkelbraunen Motorradhelm zurück, damit ich meine Haare ausschütteln kann, um das Volumen zurückzubekommen, das ich heute Morgen noch in meinen gemachten leichten Locken hatte.
„Brauchst du nicht. Ich kann den Bus nehmen. Danke fürs Bringen.", lehne ich ab und rücke meinen Rucksack zurecht. Mein allererster Arbeitstag. Ich hoffe ich mache mich nicht sofort zum Affen und lasse Frau Nowak nicht bereuen mich eingestellt zu haben.
Ich schaffe es gerade mal zwei Schritte zu machen, da hält Aras mich schon auf.

„Mira, warte!" Ich schaue mir über die Schulter. „Willst du das wirklich tun?"
„Wieso denn nicht?", frage ich argwöhnisch und mustere ihn. Er nagt an seinem Lippenpiercing und zuckt mit den Schultern. Wieso will mich jeder davon abhalten Geld zu verdienen? Sie wissen ganz genau, dass ich nicht tatenlos rumsitzen und Yaz alles machen lassen kann.
„Du siehst nicht so aus, als würdest du es wollen, deswegen.", erklärt er und ich gehe seufzend wieder zurück zu ihm.
„Ich brauche einen Job.", wiederhole ich zu oft in diesen letzten Tagen,„Und mir wurde gesagt, dass ich mich hocharbeiten kann. Das ist die Chance für mich, Aras." Unstimmig mustert er mich, doch schüttelt diesen Gesichtsausdruck schnell wieder ab und lächelt, bevor ich mich mit ihm streite.
„Ich hoffe du hast auch das Kleingedruckte gelesen." Grinsend umarme ich ihn zum Abschied und betrete das Gebäude.

An der Anmeldung sitzt die selbe Frau wie die letzten Tage zuvor auch.
„Hallo. Frau Nowak wollte mich sehen.", sage ich und spare mir den Namen, weil sie mich nun drei Tage in Folge hier stehen sehen hat. Sie lächelt warm und klickt sich durch ihren Computer.
Frau Nowak wollte, dass ich sie zuerst treffe, damit sie mich durch das Unternehmen führen und mir meine neuen Kollegen zeigen kann, die mich dann einarbeiten sollen. Ich bin mir sicher, dass das gar nicht zu ihren Aufgaben gehört, sondern ein nettes Angebot von ihr ist, das ich sehr gerne annehme. Ich wäre gerne ihre Assistentin. Hoffentlich ist mein Boss aber auch ganz nett.
„Frau Nowak ist schon oben im Konferenzraum. Im zweiten Stockwerk, die Tür rechts vom Foyer.", erklärt sie und zeigt durch die Empore zum zweiten Stockwerk hoch.
„Danke."

Meine Stiefel haben zum Glück nur einen Plateauabsatz und ich komme schnell hoch.
Eine einzige schwarze Holztür ist rechts vom Foyer und ich gehe geradewegs auf diese zu, in der Annahme, dass es sich hier um den Konferenzraum handeln muss. Meine Hand bereits zu einer Faust geballt, damit ich anklopfen kann.
Gerade als ich einmal gegen das Holz haue, fliegt die Tür schwungvoll auf und mein zweiter Schlag geht auf eine muskulöse Brust, statt auf das harte Holz.
Die Brust-... Der Mann ächzt.
Oh nein!
„Das tut mir leid!", entschuldige ich mich eilig. So viel dazu mich nicht zu Anfang zum Affen zu machen. Ich schaue auf, um zu sehen wen ich gehauen habe und augenblicklich höre ich auf zu atmen.

Geht es noch schlimmer?

Das ist der Mann aus dem Restaurant!
Mit den schönen Augen!

Seine Augen sind nur einen Ticken heller, als seine dunkelbraunen Haare, die schwarz schon sehr nahe kommen. Sie sind gewellt und oben etwas länger als an den Seiten, die sich gepflegt und getrimmt um seine Ohren wellen.
Braune Augen waren noch nie so schön wie seine.
So dunkel und warm, als würde ich in ein Feuer blicken mit verstreuter Asche, die wie dunkle Sterne in dem Rotbraun funkeln.
Reiß dich zusammen, Mira! Was soll das?
Es sind nur ein paar braune Augen, nicht mehr und nicht weniger. Kein Grund philosophisch zu werden.

SECRET DESIREWo Geschichten leben. Entdecke jetzt