M I R A
Der anscheinend jährliche und dennoch kaum besprochene Firmenausflug findet in genau vier Wochen in der zweiten Dezemberwoche statt.
Das wäre noch genügend Zeit, um Skilaufen zu lernen -ganz zu schweigen davon darauf stehen zu können- aber wo soll ich das hier im Herzen von Köln tun? Wir mögen zwar im Winter sein, aber nicht eine Schneeflocke ist bisher auf den Asphalt gefallen und selbst wenn -soll ich den Rhein mit dem Zeug durchqueren? Die Blockhäusern auf einem Snowboard hinter mir lassen?Ich habe schon damit abgeschlossen, dass ich den Ausflug über nur in hübscher Winterkleidung gut aussehen werde. Wie eine Puppe. Keine Funktionen, nur das hübsche Gesicht, während alle anderen den Wintersport betreiben. Aber es ist okay. Manchmal reicht es aus nur als schöne Dekoration dabei zu sein.
Gelangweilt scrolle ich durch das online Magazin, das ich auf meinem iPad geöffnet habe und komme einem bekannten Gesicht entgegen.
Es ist ein Foto von Herr Blom, gemeinsam mit seiner Schwester an der Seite. Es scheint ein altes Foto zu sein, doch meine Aufmerksamkeit hat nicht das Foto, sondern der Titel geschnappt.
Sein Umzug hierher ist nun offiziell bekannt.Herr Sezin hat noch immer nicht auf ein Treffen bezüglich der beiden reagiert und ich will ungern nochmal fragen, weil es sonst alles wieder mal bei mir hängen bleibt und er mich ausschimpfen wird.
Es interessiert mich brennend, weshalb die beiden sich nicht leiden können. Diese Feindschaft, die sie versuchen unauffällig zu halten, kann nicht nur aus geschäftlichen Gründen entstanden sein. Die Art, wie sie miteinander umgehen und die sanften Provokationen, die in der Luft schweben, können nicht bloß sein, weil sie beide erfolgreiche Modedesigner sind.Mein Arbeitstelefon klingt und ich hebe es an mein Ohr. Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass das Telefon für jede Leitung einen anderen Klingelton hat und der für Herr Sezin ist ein helles, doch ein wenig zu schrilles Geläute.
„Ja?" Ich schaue zum Fenster und er schaut mich bereits an. Ein weißes Hemd spannt sich um seine breiten Schultern und die Ärmel hat er gekrempelt, um seine ganzen Tattoos und die funkelnde Uhr an seinem Handgelenk deutlich zu machen. So ein Poser.
Seine dunklen Haare sind alle ordentlich gestylt, doch ich habe auch vorhin schon gesehen, dass sie ihm in die Stirn fallen, wenn er sich über den Tisch beugt und an seinen Zeichnungen arbeitet.„Nehmen Sie Ihr iPad und kommen Sie zu mir." Das ist alles, was er sagt, bevor er auflegt, doch sein Blick bleibt dennoch auf mir, dass auch ich ihn weiterhin anschaue, während ich das Telefon zurücklege.
Statt aufzustehen, starre ich ihn nur weiter an. Nur ein einziges Mal ein Hallo oder Tschüss von ihm am Telefon zu hören, würde mich mittlerweile sicher zum weinen bringen.Er deutet mir mit der Hand, dass ich aufstehen soll und kurz erwäge ich es, nicht zu tun. Doch schließlich gebe ich nach, denn ich sollte besser keine neuen Chancen bieten, in denen er zu mir kommen und mich berühren könnte, indem er mich mit sich schleift.
Er schaut nicht auf, als ich in sein Büro trete und vor seinem Schreibtisch stehenbleibe, sondern kritzelt weiter auf das Papier, das vor ihm liegt.
„Was ist denn?"
„Sie werden mich zum Meeting gleich begleiten, um sich Notizen zu machen."
„Das weiß ich, aber das Meeting ist doch erst in einer Viertelstunde und die Kunden sind noch nicht da." Will er mich ärgern?
Indem er seine Macht über mich testet und mich wie einen Idioten hin- und herlaufen sieht, weil er es so will?Herr Sezins Chancen mein Tablet über den Kopf gezogen zu bekommen steigen sekündlich.
Er antwortet mir nicht, ignoriert mich sogar, während er zeichnet.
„Wäre ein Maxirock zu kalt für den Winter?" Mit zusammengezogenen Brauen schaue ich auf eines seiner Papiere herunter. Es sieht aus wie die grobe Idee einer anatomisch falschen Frau mit zu langen Gliedmaßen in langem Mantel mit einem langen Rock darunter.
Er tippt sich mit dem Stift gegen die Unterlippe.
„Wenn man dicke Strumpfhosen darunter trägt, wäre es kein Weltuntergang.", antworte ich, dass er langsam nickend die feinen Linien auf dem rechten Blatt nachzeichnet. Auf dem linken ist ebenfalls ein unfertiger Entwurf und für die nächsten paar Sekunden beobachte ich Herr Sezin dabei, wie er zwischen den beiden Entwürfen hin- und herwechselt und Details zeitgleich hinzufügt. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der an zwei Entwürfen gleichzeitig arbeitet. Das erscheint mir verwirrend.
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SECRET DESIRE
Fiksi RemajaSie bedeutet seinen Tod. Davon ist Demir fest überzeugt, denn jede Begegnung zwischen ihnen scheint verflucht und ruft eine rasende Wut in beiden hervor. Alles, was Mira je wollte, war Mode zu erschaffen und plötzlich könnte ihr Traum Wirklichkeit...