Sofy„Ich bedanke mich für dein Vertrauen“, lachte ich und nahm seine Hand, „Aber diesen Ort finde ich, keine Sorge.“ „Na gut“, kam es nur lachend von ihm, „Dann bin ich ja gespannt, wohin du mich entführst.“ „Klar, weil ich auch so viele Chancen hätte, dich zu entführen“, ich schüttelte nur lachend den Kopf, während ich bereits die entsprechende Richtung einschlug. Wenigstens gab er es auf, weiter nachzuhaken. Und das war gut so, denn tatsächlich zeigte ich ihm jetzt einen Ort, den ich bisher immer nur für mich behalten hatte. Viel zu lang war dies mein Rückzugsort gewesen. Immer, wenn eine der vielen Streitigkeiten mit Timo wieder eskaliert war, hatte ich mich in diese kleine Bucht zurückgezogen. Ja, eine kleine Bucht, wenn man das an der Ostsee denn so nennen durfte. Jedenfalls musste man ein gutes Stück laufen, weg von den Häusern und der Menschenmassen. Ein Ort, an den sich selten jemand verirrte. Und auch Wincent kannte den Ort bisher nicht. Doch ich war mir schon länger sicher, dass er derjenige war, mit dem ich diesen Ort teilen konnte. Wir waren verheiratet. Wenn es also einer verdient hatte, dann er. „Okay. Der Strand“, kommentierte Wincent irgendwann schmunzelnd. „Super. Deine Augen funktionieren. Aber ein Stück müssen wir noch“, entgegnete ich nur und führte ihn immer weiter weg von den ganzen Häusern und den Menschen am Strand.
„Also langsam können wir ja doch wieder auf das Entführungsthema zurückkommen“, warf Wincent erneut ein, als wir uns immer mehr vom Trubel entfernten. „Für dich bekomme ich doch kein Lösegeld“, ärgerte ich ihn, „Wir sind gleich da.“ „Erstaunlich wie liebevoll du doch wieder bist“, entgegnete er kopfschüttelnd, „Aber ist ja schön, dass wir nach der halben Weltreise fast da sind.“ „Du bist der sportliche Part in dieser Beziehung, also stell dich nicht so an“, lachte ich, während wir endlich ankamen, „Da sind wir doch schon. Und wie immer … weit und breit keine Menschenseele.“ „Ja, weil niemand bis hierhin latscht. Warum genau hier?“, wollte er wissen, breitete indes aber schon die Decke aus. „Für mich ist das ein besonderer Ort. Du bist jetzt der erste, dem ich den bewusst zeige. Hier ist man ziemlich ungestört, weil es doch recht weit abseits liegt“, erklärte ich schulterzuckend, „Habe ihn vor Jahren mal durch Zufall entdeckt und seitdem war ich immer hier, wenn ich mich zurückziehen wollte.“ „Dann muss ich mich ja geehrt fühlen, dass ausgerechnet ich derjenige bin, dem du diesen Ort zeigst“, erwiderte er schmunzelnd. Wir setzten uns und einen kurzen Moment starrte ich einfach nur aufs Meer, ehe ich ihm antwortete: „Bisher war das immer ein Ort, an den ich mich zurückgezogen habe, wenn es mir nicht gut ging. Ich … möchte ihm einfach eine neue Bedeutung geben. Eine schönere.“ „Okay. Ja diese Zeiten sind vorbei, du bist jetzt nicht mehr allein.“ „Ich weiß“, entgegnete ich und lächelte leicht, „Ich habe hier oft gesessen und mich gefragt, wie ich alles beenden kann. Habe ganz lang keinen Sinn mehr in meinem Leben gesehen. Und dann kamst du. Und ich möchte jetzt einfach endgültig mit diesem alten Kapitel abschließen.“ „Hey“, er zog mich in seine Arme, „Du bist so ziemlich die stärkste Frau, die ich kenne.“ „Na ja … ich hatte ziemlich viel Hilfe“, entgegnete ich schmunzelnd. „Das macht es nicht weniger stark. Hilfe anzunehmen ist auch ein Zeichen von Stärke.“ „Hm. Aber das Thema ist jetzt Geschichte. Jetzt geht der Blick nur nach vorn.“ „Sag mal … ist das vielleicht ein Grund, wieso du dich ein bisschen sehr in die Hochzeitsvorbereitungen stürzt? Siehst du das auch als eine Art Neuanfang?“ „Vielleicht unbewusst. Ich weiß es nicht. Kann sein. Aber eigentlich hatte ich den Neuanfang ja schon“, gestand ich schulterzuckend, „Eigentlich möchte ich nur, dass du einen schönen Tag hast und dass alles perfekt ist.“ „Du weißt genau, dass alles schiefgehen könnte und es trotzdem für mich der schönste Tag wird“, versicherte er mir lächelnd, „Und da du ja bereits diesen Ring am Finger trägst, kann doch eh nichts mehr passieren, was den Tag ruinieren kann. Zum vor dem Altar stehen lassen, ist es ja dann doch schon zu spät.“ Ich nickte lachend: „Stimmt. So leicht komme ich da wirklich nicht mehr raus. Aber möchte ich ja auch gar nicht.“ „Dann hab ich ja Glück gehabt“, erwiderte er lachend, „Wobei Niilo und Elina uns ja eh immer mehr verbinden werden, als die Ringe.“ „Hm … sie sind schon fast ein Jahr alt … Irgendwie habe ich das Gefühl, die Zeit rast“, murmelte ich seufzend, während ich meinen Kopf an seine Schulter lehnte. „Erinner mich nicht daran. Das hat meine Mutter schon genug. Wenn es nach mir ginge, könnten wir das ganze wirklich verlangsamen …“
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Vielleicht irgendwann (2)
FanfictionDer zweite Teil zu Sofy und Wincent! 😇 Wie ist es mit einem Menschen zusammenzuleben, der einem nicht gut tut? Zerstörend. Aber wieso schafft man es trotzdem nicht, sich von dieser Person zu trennen, sie aus dem Leben zu streichen? Ganz einfach, we...