Teil 248

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Wincent

Eigentlich hätte ich mich doch ganz gern noch vor einem Besuch bei Melina gedrückt. Aber für Sofy sprang ich einfach über meinen Schatten. Ich wollte einfach, dass sie endlich wieder glücklich war. Und dafür würde ich einfach alles tun. Dennoch kostete ich mich wenig später einiges an Überwindung, bei Melina zu klingeln. Zurecht. Denn kaum hatte sie die Tür geöffnet und mich erblickt, pfefferte sie mir eine, dass es richtig wehtat. „Au“, murmelte ich, „Ist ja eine nette Begrüßung.“ „Na ja ein Idiot verdient nichts anderes. Und Sofy hat dir sicher keine gescheuert, so wie ich sie kenne“, entgegnete sie kühl, „Was willst du?“ „Melina. Ich hab doch verstanden, dass ich ein Idiot bin. Aber ich brauche wirklich ganz dringend deine Hilfe!“, flehte ich die beste Freundin meiner Frau an. „Ach. Wobei braucht der Herr denn jetzt Hilfe? Was hast du dieses Mal verbockt?“ „Ich hab gar nichts verbockt!“, verteidigte ich mich, „Aber es geht trotzdem um Sofy. Ich ertrag es nicht mehr, sie so fertig zu sehen. Die ganze Sache mit Ina, und Mike dreht jetzt auch komplett am Rad. Sie hat die halbe Nacht geweint. Ich weiß nicht mehr, was ich machen soll.“ Melina seufzte, ließ mich dann aber endlich rein. „Was ist denn mit Mike?“, hakte sie nach, inzwischen war sie sogar etwas freundlicher. Ich berichtete ihr also, was vorgefallen war. „Ich verstehe es halt nicht. Er ist doch trotzdem ihr großer Bruder …“, beendete ich die Erzählung seufzend. „Das erklärt natürlich, wieso ich sie immer noch nicht überreden konnte, Kleider anzuschauen“, überlegte Melina, „Aber – und ich geb es aktuell nicht gern zu – du hast recht. Wir müssen was tun. Ich bring Elias hoch zu meinen Eltern und dann fahren wir direkt zu Mike. Und wenn der sich nicht einbekommt, gibst du mir mal die Nummer deiner Mutter. Dann stellen wir sie vor vollendete Tatsachen. Wenn sie dann erstmal im Laden steht, wird sie das alles schon vergessen. Sie freut sich so sehr auf die Hochzeit mit dir Idioten, eine bessere Ablenkung gibt es gar nicht.“ „Wow. Du bist echt nachtragend“, nuschelte ich. „Ich muss doppelt nachtragend sein, um das mit deiner Frau auszugleichen. So ist das halt“, erklärte sie, „Und jetzt komm.“
Eine halbe Stunde später standen wir vor dem Haus von Mike und Noel und klingelten. Glücklicherweise – konnte man das in dieser Situation so nennen? – öffnete direkt Mike die Tür, welcher aber sofort genervt die Augen verdrehte und die Tür wohl gern direkt wieder geschlossen hätte. Aber zum Glück war ich schnell genug und hatte meinen Fuß in den Weg gestellt. „Wir müssen reden“, sagte ich knapp, „Und zwar jetzt!“ „Ich habe keine Lust mit dir zu reden du Wichtigtuer!“, entgegnete er. „Man Mike du Idiot!“, schaltete sich nun Melina ein und ganz vielleicht hatte ich kurz gehofft, dass sie ihm auch eine scheuerte. Aber so viel Glück hatte ich natürlich nicht. „Meine Fresse. Es geht hier nicht um mich!“, entfuhr es mir, „Ist dir eigentlich bewusst, was du deiner kleinen Schwester da grad antust?“ „Sie ist nicht meine Schwester, schon vergessen?“ „Wow Mike“, kam es nun wieder von Melina, „Hast du den Scheiß von Ina? Sofy wird immer deine kleine Schwester bleiben. Daran ändert sowas doch nichts. Familie hat nicht immer was mit Blutsverwandtschaft zu tun. Ihr Zwei ward immer ein Herz und eine Seele. Und so ein Rotz soll das jetzt ändern? Komm mal wieder klar! Deine Schwester hat grad das Glück, endlich ihren Traum erfüllt zu bekommen. Sie mag vielleicht einen Idioten heiraten, aber hey sie ist glücklich und das ist alles, was zählt. Und deine kleine Schwester hat sich immer gewünscht, dass du sie begleitest, wenn sie sich ein Kleid aussucht. Ist dir bewusst, wie fertig sie ist? Sie hat ihren Mut zusammengenommen und ist den Schritt auf dich zugekommen und du? Du verhältst dich ja noch idiotischer als Wincent es je getan hat!“ „Danke auch“, murmelte ich, sagte dann aber nichts weiter, weil ich mir nicht noch eine Ohrfeige einhandeln wollte. Melina hatte sich richtig in Rage geredet, sodass sich auch Mike nicht mehr traute, irgendwas zu sagen. „Man Mike jetzt mach halt mal dein Maul auf!“, entfuhr es Melina nun, dass selbst ich einen Schritt zurückwich. „Ich weiß doch auch nicht“, gab Mike jetzt zu, „Es ist auch für mich zu viel. Die ganze Sache mit unseren Eltern … ich hätte nie gedacht, dass sie zu sowas in der Lage sind. Ach keine Ahnung. Vermutlich ist es für sie doch besser, wenn wir Abstand haben.“ „Nein ist es nicht“, mischte ich mich wieder ein, „Du fehlst ihr! Und sie bringt mich sicher um, dass ich dir das sage: Aber sie hat die halbe Nacht geweint, weil sie das alles so mitnimmt. Du musst mich nicht mögen, das ist mir egal. Aber deine Schwester braucht dich. Sie wird immer deine Schwester bleiben!“ „Ach … ich hab gar kein Problem mit dir“, gab er kleinlaut zu, „Ich hab nur irgendeinen Grund gesucht, der plausibel klingt.“ „Ihr Männer seid doch alles Idioten …“, Melina schüttelte fassungslos den Kopf, „Sieh zu, dass du das mit deiner Schwester geradebiegst! Und dann gucken wir, dass wir endlich auf Kleidersuche gehen.“
„Weiß Flo eigentlich, dass für dich alle Männer Idioten sind?“, wollte ich wenig später von Melina wissen, als wir bereits wieder nach Hause fuhren. „Was hat Flo jetzt damit zu tun?“ „Du hast gesagt, dass alle Männer Idioten sind.“ „Du musst auch immer alles wörtlich nehmen!“, genervt verdrehte sie die Augen, während sie bereits aussteigen wollte, da wir gerade auf dem Parkplatz vor ihrem Haus anhielten. „Melina?“, hielt ich sie noch mal auf, „Danke für deine Hilfe!“ „Du weißt, im Notfall bin ich immer da. Und jetzt mach dich auf den Weg nach Hause.“

Vielleicht irgendwann (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt