Sofy„Hey. Hier sind zwei, die ihrer Mama noch gern gute Nacht sagen würden“, riss mich Wincent aus meinen Gedanken. „Hm? Was?“, fragte ich ein wenig verwirrt, da ich irgendwie nicht einmal die Hälfte des Satzes mitbekommen hatte. „Uiii. Da haben wir Mama wohl aus ganz tiefen Gedanken gerissen“, richtete sich Wincent lachend an die Zwillinge auf seinem Arm, „Deine Kinder möchten dir gern gute Nacht sagen.“ „Oh. Hab gar nicht gemerkt, dass es schon wieder zu spät ist“, murmelte, „Ich helfe dir.“ „Quatsch. Du hast heute noch Pause. Ich schaff das schon“, versicherte er mir schmunzelnd. „Wie du meinst“, erwiderte ich schulterzuckend, sagte den Kindern gute Nacht. Und kurz nachdem Wincent nach oben verschwunden war, zückte ich mein Handy und überlegte, war ich Mike schreiben könnte. Aber ehrlich gesagt starrte ich den geöffneten Chat lediglich an, ohne auch nur ansatzweise eine Idee zu haben, wie ich dieses Gespräch beginnen konnte. Irgendwie war es gar nicht so einfach, die richtigen Worte zu finden. Wie fing man sowas an? Über zwei Wochen lang hatte ich ihn jetzt eiskalt ignoriert. Und irgendwie fühlte es sich noch so viel länger an. Er fehlte mir. Aber er hatte mich auch echt sehr verletzt. Und ich war mir nach wie vor gar nicht sicher, ob ich ihm das überhaupt verzeihen konnte. Andererseits … hätte er sein Wort gehalten und Ina nicht eingeladen, wüsste ich nach wie vor nicht, dass niemand von ihnen wirklich meine Familie war. Ich hätte nie eine Erklärung dafür gehabt, warum ich nie so wirklich in diese Familie gepasst hatte. Irgendwie war ich also ziemlich zweigespalten und wusste selbst nicht so genau, was jetzt das Beste war. „Sag mal“, riss Wincent mich erneut auf meinen Gedanken, „Wo bist du denn heute, dass du so gar nichts mitbekommst?“ „Hm? Schlafen die Kinder schon?“, wollte ich ganz verwirrt wissen. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass er sich wieder zu mir gesetzt hatte. „Tief und fest“, beantwortete er meine Frage und legte auch gleich seinen Arm um mich, um mich weiter zu sich zu ziehen, „Was ist los? Irgendwas beschäftigt dich. Und das nicht gerade wenig.“ „Ich … überlege einfach, wie ich mich bei Mike melden könnte. Ich hab ihn jetzt zwei Wochen lang eiskalt ignoriert und ich hab das Gefühl, dass es lang genug war. Er wird wohl verstanden haben, dass es Scheiße war. Und er fehlt mir einfach. Er ist ja trotzdem irgendwie mein Bruder. Aber andererseits weiß ich halt einfach nicht, was ich schreiben soll. Ich bin mir ja nicht einmal sicher, ob ich ihm das alles je verzeihen kann. Es fühlt sich einfach an, als wäre er mir in den Rücken gefallen. Ja, es war seine Hochzeit und dass er einlädt, wen er will, das ist mir klar. Aber er hat mir fast ein Jahr lang was völlig anderes erzählt und zugesichert und dann das“, platze es plötzlich so dermaßen aus mir heraus, dass Wincent vermutlich Probleme hatte, mir so ganz zu folgen. „Du weißt, dass ich die Nummer, die er abgezogen hat, absolut unmöglich fand und nach wie vor auch so empfinde. Aber klar, er wird für dich immer dein großer Bruder bleiben. Und wenn du dich mit ihm aussprechen möchtest, dann tu das. Du bist diejenige, die er verletzt hat und du bist demnach die Einzige, die entscheiden kann, wann sie zu einer Aussprache bereit ist. Du weißt, ich steh hinter dir, egal, wofür du dich entscheidest. Er ist derjenige, der dir die Zeit geben muss, die du brauchst. Aber wenn dir dein Bruder so fehlt, dann ist das in meinen Augen schon ein Zeichen, dass du wenigstens das Gespräch suchen solltest. Und dann kannst du immer noch sehen.“ Ich nickte nur seufzend. Wieso konnte es nicht endlich mal einfach sein? Immer musste alles so extrem kompliziert sein? Ich hatte da absolut keine Lust mehr drauf. Ich wollte doch nur, dass wir endlich mal zur Ruhe kamen. Wieso war uns dies nicht gegönnt? „Du kannst doch noch mal eine Nacht drüber schlafen“, meinte Wincent dann noch. Wieder nickte ich nur, während ich meine Arme um ihn schlang und mich einfach nur an ihn kuschelte.
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Vielleicht irgendwann (2)
Fiksi PenggemarDer zweite Teil zu Sofy und Wincent! 😇 Wie ist es mit einem Menschen zusammenzuleben, der einem nicht gut tut? Zerstörend. Aber wieso schafft man es trotzdem nicht, sich von dieser Person zu trennen, sie aus dem Leben zu streichen? Ganz einfach, we...