Teil 327

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Sofy

Nein. Nein, das konnte doch gerade nicht wahr sein. Schluchzend ließ ich mich auf den Boden sinken. Was war hier passiert? Warum wollte er sich denn nicht wenigstens anhören, was ich zu sagen hatte. Es war so unfair. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt gewollt, dass Alex mir so nah kam. Und der Kuss ... das hatte ich doch gar nicht gewollt. Man. Jetzt hatte ich es wohl endgültig verbockt. Scheiße. Was sollte ich denn jetzt machen? Was war denn, wenn es das jetzt wirklich für ihn war? Wie sollte ich denn ohne ihn weiterleben? Wie würde es mit den Kindern weitergehen? Sie hatten bald Geburtstag. Würde er sich dann blicken lassen? Aber eigentlich wollte ich aktuell niemanden mehr sehen. Dennoch raffte ich mich am Nachmittag auf, packte die Kinder schön warm ein und versuchte alles, um nicht mehr so verheult auszusehen. Ich musste professionell bleiben und musste diesen Auftrag zu Ende bringen.
Auf dem Weg zum Treffpunkt, nahm ich mir fest vor, Alex noch einmal in die Schranken zu weisen. Ich hatte ihm vorgestern schon mehr als deutlich klargemacht, dass diese Treffen rein beruflich waren. „Hey Sofy", er kam mir lächelnd entgegen und wollte mich auch gleich in den Arm nehmen. Aber das blockte ich sofort ab. „Hör auf damit. Ich habe dir da am Montag etwas zu gesagt. Es geht nur um den Auftrag. Ich bin mit Wincent verheiratet. Also hör einfach auf mit deinen komischen Annäherungsversuchen!", stellte ich klar, „So. lass uns diese Besichtigungen hinter uns bringen. Ich will mit den Kindern möglichst schnell wieder nach Hause." „Wie du meinst", murmelte er und wirkte ein wenig geknickt. Wir brachten also die Besichtigungen hinter uns, ließen die Entscheidung aber offen. „Ich würde es gut finden, wenn wir noch mal gemeinsam über die Locations sprechen könnten. Ich finde die Entscheidung echt nicht leicht", bat Alex mich auch gleich, nachdem wir die letzte Location verlassen hatten. „Ja. Aber nicht mehr heute. Ich möchte wirklich nach Hause und allein sein", meinte ich nur knapp. „Hey. Tut mir leid, wenn du wegen mir Stress mit Wincent hast. Das wollte ich wirklich nicht. Aber was ist denn sein Problem mit mir? Ich hab doch gar nichts Schlimmes getan", erklärte Alex mir und legte einen Arm um meine Schulter, woraus ich mich aber auch sofort wieder befreite, „Du musst zugeben, dass er doch ein echter Idiot ist. Wenn er wegen sowas sauer ist. Da hast du doch wirklich jemand besseren verdient. Wenn er dir so wenig vertraut. Wie viel ist diese Beziehung denn dann wert?" „Wincent ist kein Idiot! Es gibt niemand besseren als Wincent!", verteidigte ich Wincent, denn es war nicht fair, wie Alex gerade über ihn redete. „Hör auf ihn zu verteidigen. Das hat der doch gar nicht verdient." „Okay. Tschau. Meld dich, wenn du dich für eine Location entschieden hast!", beendete ich das Ganze dann einfach, weil ich es nicht mehr ertrug. Ich wollte einfach nur noch nach Hause und allein sein. Ohne weiter zu zögern, machte ich mich also auf den Heimweg. Zu Hause angekommen, machte ich die Kinder frisch, sorgte dafür, dass sie etwas aßen und verzog mich mit Beiden dann ins Schlafzimmer. Die Kinder schliefen recht schnell ein. Aber ich? Ich war hellwach und versuchte einfach, nicht zu laut zu schluchzen, um die Kinder nicht zu wecken. Und genau das tat nur noch mehr weh. Stumm dazuliegen und zu weinen. Weil meine ganze Welt in Trümmern lag. Und trotzdem hatte ich hier zwei Gründe neben mir liegen, wieso ich weiterhin funktionieren musste. Für die Zwei musste ich das. Und das würde ich wohl auch schaffen. Immerhin weckten sie seit ich von ihnen wusste, enorme Kräfte in mir, die ich vorher so nie kannte. Aber wie würde das jetzt alles werden? Wieso konnte Wincent sich nicht einfach anhören, was ich sagen wollte. Wieso? Er fehlte mir so. Immerhin war doch er immer derjenige gewesen, der mich wieder hochgezogen hatte, wenn ich am Boden war. Er war immer der Einzige gewesen, der das konnte. Wie sollte ich das denn ohne ihn schaffen? Ich konnte doch nicht mehr ohne ihn leben. Wie sollte ich das schaffen? Ich brauchte ihn. Ich brauchte ihn so sehr. Und jetzt? Jetzt hatte ich ihn verloren. Weil mir meine Arbeit wichtiger war. Weil ich Dickschädel es allen beweisen wollte. Anstatt seine Sorgen einfach mal ernstzunehmen, hatte ich wieder nur an mich gedacht. Ich hatte alles riskiert. Und jetzt hatte ich einfach alles verloren. Wie sollte ich denn jetzt weiterleben? Wie sollte ich jetzt wieder aufstehen und weitermachen? Wo sollte ich die Kraft denn hernehmen? So ganz ohne Wincent ...
Ich raffte mich einmal kurz auf, um einen Blick auf mein Handy zu werfen. Vermutlich hatte ich gehofft, eine Nachricht von Wincent zu haben. Aber lediglich Alex hatte mir geschrieben. Und Melina und Amelie, die sich beide erkundigten, ob alles okay war. Ich antwortete niemandem und schaltete mein Handy einfach aus. Und das war in diesem Moment wohl die beste Entscheidung, die ich hatte treffen können ...

Vielleicht irgendwann (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt