Teil 271

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Sofy

Um auf Nummer sicher zu gehen, bestand ich darauf, dass ich diejenige war, die die Tür öffnete. Man konnte ja nie wissen. „Hey“, begrüßte ich Shay und ihren Freund auch direkt freundlich, „Kommt schnell rein ins Warme.“ Ich trat einen Schritt zur Seite, sodass Beide das Haus betreten konnten. Das Vorstellen konnten wir auch machen, wenn die Zwei im warmen Haus standen. „Ich bin Sofy“, nahm ich das Ruder auch gleich in die Hand und hielt Ben meine Hand zur Begrüßung hin. „Ben“, entgegnete er recht emotionslos und verzichtete auf den Handschlag. Na gut. Dann halt nicht. War ja vermutlich auch einfach uncool. Ich hatte ja keine wirkliche Ahnung, was in der Jugend jetzt so abging. „Na ja und das ist mein Bruder Wincent“, übernahm Shay jetzt das Wort und kam ihrem Bruder somit zuvor, „Und das ist Ben.“ „Moin“, brachte Wincent nur trocken aus und schlurfte dann ins Wohnzimmer. Shay warf mir einen verunsicherten Blick zu, aber ich nickte ihr aufmunternd zu. „Geht ruhig durch. Das Essen ist gleich fertig“, meinte ich lächelnd und verschwand selbst in der Küche. Aber nur kurz, denn das Essen war soweit fertig, sodass ich wenig später ebenfalls zu den anderen stieß. „Lasst es euch schmecken“, verkündete ich lächelnd und setzte mich neben Wincent, der recht angespannt wirkte. Na ja. Ehrlich gesagt war ich inzwischen auch ein wenig skeptisch, was Ben anging. Aber vielleicht änderte sich das ja ganz schnell, wenn man ihn ein bisschen besser kannte. „Schlafen Elina und Niilo schon“, fragte Shay schließlich, um vermutlich die komische Stille zu durchbrechen. Ich nickte: „Die Zwei waren echt müde heute. Denen sind die Augen schon so früh zugefallen, dass es mich nicht wundern würde, wenn sie nachher noch mal wach werden.“ „Hm. Ich muss echt wieder öfter herkommen. Damit ich bloß nicht verpasse, wie die Zwei groß werden“, überlegte Shay, „Dann kannst du die Zwei auch mal kennenlernen, Ben. Die Zwei sind wirklich so süß!“ „Äh … mal gucken“, murmelte dieser seufzend, „Sind doch nur kleine Bazillenschleudern. Hab ich eigentlich keinen Bock drauf.“ Spätestens jetzt war Wincent völlig angespannt. So sehr, dass er es war, der unterm Tisch meine Hand suchte. „Na ja. Das kommt noch. Wenn du die Zwei erstmal kennst“, erwiderte Shay fröhlich. Sie schien die Aussage gar nicht ernstzunehmen. Man merkte einfach, dass sie über beide Ohren verliebt war. Sie war auch viel stärker geschminkt als üblich. Normalerweise hielt sie dies wirklich dezent und wusste ganz genau, was gut an ihr aussah. Aber heute hatte sie definitiv ein paar Schichten mehr drauf. Aber darüber würde ich mit ihr reden, wenn wir mal unter uns waren. Denn darum sollte es jetzt wirklich nicht gehen. Es sollte ja viel mehr darum gehen, Ben kennenzulernen. Allerdings war dieser nicht sehr gesprächig. Egal, was wir fragten – und selbst Wincent gab sich wirklich viel Mühe – es kamen immer nur kurze, knappe und vor allem emotionslose Antworten. Da war auch ich inzwischen ratlos. Was sah Shay denn in diesem Typen? Er wirkte selbst Shay gegenüber total distanziert. Und irgendwie machte mich das doch sehr stutzig. Er wirkte einfach nicht wirklich verliebt. Dafür wirkte Shay umso verliebter. Herrje. Ich hatte wirklich gehofft, dass Wincent sich irrte und jetzt wurde ihm hier genau das präsentiert, was er vorausgesagt hatte. Aber ich wusste auch, dass Shay dies nun wirklich nicht hören wollte. Und das musste ich ihrem Bruder echt verklickern. Er konnte ihr ja vorsichtig den Eindruck schildern, aber da musste man echt vorsichtig sein. Ansonsten würde das nur in einem riesigen Streit ändern.
Gegen zehn Uhr wollte Ben sich dann auch verziehen. Und das ohne Shay. „Und wie soll ich nach Hause kommen?“, wollte diese etwas unsicher wissen, denn sie würde sicher nicht Wincent fragen. „Keine Ahnung. Fahr mit dem Bus oder so“, entgegnete er schulterzuckend, „Hab meinen Jungs zugesagt jetzt noch in den Club zu kommen. Wir sehen uns. Aber lass mich morgen erstmal ausschlafen.“ Geknickt schaute Shay zu, wie Ben sich aus dem Staub machte. Und während Wincent nach oben verschwand – ich vermutete, dass er nicht vor seiner Schwester ausrasten wollte – ging ich zu ihr und legte den Arm um sie. „Du übernachtest bei uns. Ist doch logisch. Ich lass dich jetzt sicher nicht mehr alleine nach Hause fahren. Und Wincent und ich hatten beide Wein, es kann dich also auch niemand fahren. Wir machen dir das Gästezimmer fertig“, stellte ich klar. „Hm. Kann ich vielleicht kurz allein sein?“, nuschelte sie geknickt und ich war mir nicht sicher, ob ich Tränen in ihren Augen erkennen konnte. „Klar. Fühl dich bitte wie zu Hause. Ich muss dir eh noch alles fürs Gästezimmer holen, das kann ein bisschen dauern“, antwortete ich lächelnd und sie nickte nur dankbar. Sie hatte sich den Abend ganz offenbar auch anders vorgestellt und war dementsprechend geknickt.

Vielleicht irgendwann (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt