SofyDie nächste Zeit war irgendwie komisch. Ich war es nicht mehr gewohnt, Wincent so lang nicht zu sehen. Und auch die Kinder vermissten ihn sehr. Nach zwei Wochen erhielt ich dann einen Anruf von Amelie. Es war der Tag vor dem vierten Konzert, dem Konzert in Nürnberg. „Hey Sofy. Hast du Zeit?", kam es seufzend von Amelie und sofort war ich hellhörig. „Klar. Was ist los?", fragte ich sie besorgt, „Was kann ich tun?" „Melina ist krank und hier in Nürnberg läuft gar nichts. Die ganzen Pläne passen vorne und hinten nicht. Ich weiß nicht, wie das hier morgen funktionieren soll, wenn nicht einmal alles hier angekommen ist", schilderte sie mir ganz verzweifelt die Lage, „Der Veranstalter ist auch schon richtig sauer. Wincent hat sich auch schon mehrfach mit dem angelegt seit wir hier sind. Da ist nichts mit Offday genießen. Herr Mayer ..." Moment. Mayer? Der Name kam mir ziemlich bekannt vor. „Andreas Mayer?", fragte ich skeptisch nach. „Ja. Woher kennst du den?", fragte Amelie verwirrt. „Ich hatte damals in der Agentur schon das Vergnügen. Ein ziemlicher Idiot", erklärte ich seufzend, „Gib mir kurz Zeit Amelie. Ich melde mich gleich wieder bei dir, okay?" „Ist gut, danke dir", murmelte sie und legte auf. Ich seufzte kurz und wählte dann die Nummer von Wincents Mutter. „Hallo Sofy. Ist alles in Ordnung?", erklang auch sehr schnell ihre Stimme. „Hey. Du. Mir ist das super unangenehm. Aber kannst du spontan die Kinder nehmen? Ich weiß, du hast selber zu tun ..." „Ne ich hab doch Urlaub. Ich helfe gern. Was ist denn los?", sagte sie sofort. „Es gibt Probleme in Nürnberg. Melina ist krank und von zu Hause kann ich nicht viel helfen", fing ich also an zu erklären. „Okay. Dann musst du hinfahren und kommst Übermorgen nach Hause. So lang kann ich die Zwei gern nehmen!" „Wirklich? Wenn es hier in der Nähe gewesen wäre, hätte ich sie einfach mitgenommen, aber Nürnberg ist schon ein gutes Stück entfernt ..." „Sofy. Es ist alles gut. Bring die Zwei her und dann machst du dich auf den Weg. Ich hab euch doch gesagt, dass ich euch unterstütze", versicherte sie mir. „Tausend Dank! Wirklich!" Ich legte auf und suchte schnell ein paar Sachen zusammen. So spontan war ich ja eigentlich nie. Aber das war eindeutig ein Notfall! Allerdings war der Abschied von den Zwillingen trotzdem nicht leicht. Und ich fühlte mich auch ziemlich mies, sie jetzt für zwei Nächte abzugeben. Vor allem, weil sie Beide ihren Papa spürbar vermissten.
Nachdem ich es endlich geschafft hatte, mich von den Kindern zu verabschieden, setzte ich mich ins Auto und tippte die Adresse an. Als ich losfuhr, wählte ich Amelies Nummer. „Ja? Sofy? Ist dir was eingefallen?", fragte sie sofort, ohne mich groß zu begrüßen. „Noch nicht. Ich bin in ... ca. sieben Stunden da. Kannst du mich dann irgendwie reinlotsen? Wenn ich gut durchkomme, könnten es auch sechs sein. Dann wäre ich gegen 16 Uhr da und wir haben noch Zeit", erklärte ich ihr kurz die Situation. „Du sitzt ernsthaft im Auto? Sofy ... Die Kinder?" „Sind bei Wincents Mutter. Ist nicht schön, aber von hier kann ich euch nicht helfen. Nicht beim Mayer. Ist Wincent in der Nähe?" „Ne. Der ist ziemlich sauer, dass hier nichts funktioniert und schickt so ziemlich jeden weg. Die Stimmung hier ist unerträglich! Na ja und der Mayer sollte sich bei ihm nicht blicken lassen, das würde nicht gut enden. Aber vielleicht ist es wirklich gut, wenn du herkommst. Du kannst ihn sicher ein wenig runterbringen. Ich glaube, er vermisst euch auch extrem, was die Laune zusätzlich verschlechtert. Wer, wenn nicht du kannst ihn also wieder auf Kurs bringen. Aktuell schottet er sich einfach komplett ab und keiner kommt an ihn ran ohne gleich angemault zu werden", erwiderte sie, „Soll ich ihm sagen, dass du unterwegs bist?" „Nein. Lass uns ihn einfach überraschen", überlegte ich schmunzelnd, „Wenn er so mies drauf ist, halt dich da mal lieber aus der Schusslinie. Wo muss ich denn dann hin?" „Meld dich einfach, kurz bevor du da bist, dass hole ich dich ab. Das ist deutlich leichter", stellte sie klar. „Ist gut. Dann bis nachher!" „Ja. Fahr bitte vorsichtig", sagte Amelie noch, ehe wir das Gespräch beendeten.
Um kurz nach vier kam ich endlich an. Ich merkte, wieso ich kein Fan von solchen spontanen Aktionen war. Es war echt anstrengend gewesen. Allein die Fahrt. Und der eigentliche Stress kam jetzt erst noch. Aber bei der aktuellen Lage war mir doch keine andere Möglichkeit geblieben. Und wenn Wincent so schlecht drauf war, konnte und wollte ich nicht einfach tatenlos zu Hause rumsitzen. Er hätte auch sofort alles stehen und liegen gelassen, um zu mir nach Hause zu kommen. Jetzt war es doch wirklich mal an der Zeit, dass ich derartiges für ihn tat! Amelie wartete bereits auf mich und fiel mir zur Begrüßung auch direkt um den Hals. „Danke, danke, danke!", platzte es auch gleich aus hier heraus. „Hey. Da nicht für. Melina und ich haben vorhin auch noch telefoniert. Sie hat wohl einen Magen-Darm-Virus oder so. Aber Übermorgen ist sie wieder dabei, es ist wohl schon wieder auf dem Weg der Besserung", erklärte ich lächelnd, „Wen soll ich mir denn zuerst vorknöpfen. Mayer oder Wincent?" „Wincent ist gerade unterwegs. Also denke ich, ich erklär dir erstmal, was das Problem ist", meinte sie seufzend, „Der will sich nicht an den Zeitplan halten. Es fehlen noch Sachen für den Aufbau, was sowieso den gesamten Plan gefährdet. Ich weiß nicht, ob das morgen pünktlich da ist. Er will, dass das Meet & Greet ausfällt. Na ja du wirst dir denken können, dass Wincent das nicht mitmacht. Da sind sie richtig aneinandergeraten." „Das ist so ein Idiot", zischte ich, „Lass uns den mal suchen. Der freut sich ganz bestimmt, mich wiederzusehen." Leider stellte sich schnell heraus, dass der Veranstalter schon weg war. Dann musste das wohl bis morgen früh warten. Stattdessen meinte Amelie, dass sich Wincent wohl in den Bus zurückgezogen hatte und allein sein wollte. Egal wer das Gespräch mit ihm suchte, er schickte jeden weg. Und das wohl nicht immer unbedingt freundlich. Sie verriet mir schnell die Kombination und händigte mir sämtliche Pässe aus, die ich hier brauchen würde. Dann machte ich mich allein auf den Weg zum Bus. Wincent bekam gar nicht mit, dass ich diesen betrat. Er hatte sich in die Zockerecke verkrümelte und saß mit dem Rücken zur Tür. Wobei ... eigentlich kauerte er dort eher. Die Knie hatte er angezogen und die Arme um die Beine geschlungen. Man sah ihm so schon an, wie sehr ihn die ganze Situation belastete. Umso mehr bestätigte mir dieser Anblick, dass es richtig gewesen war, herzufahren. Also ging ich leise zu ihm und legte meine Arme um ihm. „Na du kleiner Miesepeter", sagte ich leise, während ich meinen Kopf auf seine Schulter legte.
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Vielleicht irgendwann (2)
FanfictionDer zweite Teil zu Sofy und Wincent! 😇 Wie ist es mit einem Menschen zusammenzuleben, der einem nicht gut tut? Zerstörend. Aber wieso schafft man es trotzdem nicht, sich von dieser Person zu trennen, sie aus dem Leben zu streichen? Ganz einfach, we...