Teil 247

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Wincent

Es tat weh, sie wieder so am Boden zu sehen. In der letzten Zeit war aber auch einfach wieder zu viel passiert. Irgendwas musste ich doch tun können. Und wenn ich noch mal allein das Gespräch suchte? Vermutlich nicht die beste Idee, ganz allein dort aufzusuchen. Sollte ich Melina mit ins Boot holen? Sie war Sofys beste Freundin und hatte vielleicht noch eine weitere Idee, was ich tun könnte. Andererseits befürchtete ich ja, dass sie nach wie vor ein wenig sauer auf mich war. Aber das Risiko war Sofy definitiv wert. Vielleicht sollte ich morgen nach dem Termin beim Anwalt mal bei ihr vorbeifahren und das Gespräch mit ihr suchen. Ich musste mir nur noch überlegen, was ich Sofy erzählte. Denn ehrlich gesagt wollte ich ihr erstmal nichts davon sagen, um keine falschen Hoffnungen bei ihr auszulösen. Sie sprach es zwar nicht aus, aber ich konnte mir denken, was sie so bedrückte. Schließlich wusste ich, wie sie sich das mit der Hochzeit immer vorgestellt hatte. Und da war immer ihr größter Wunsch gewesen, dass Mike mit dabei war, wenn sie sich ein Kleid für diesen Tag aussuchte. Jetzt schien sich dieser Wunsch nicht zu erfüllen und das verletzte sie. Ich konnte es ja verstehen. Sie waren durch dick und dünn gegangen, er war immer ihr Anker gewesen. Und jetzt. Jetzt brach er einfach weg. So völlig ohne Vorzeichen. Auch ich war sehr überrascht und gleichzeitig enttäuscht von Mike. Stellte er seine eigenen Interessen doch gerade über das Wohlergehen seiner kleinen Schwester. Denn das war sie. Ob wirklich blutsverwandt oder nicht. Sofy würde immer Mikes kleine Schwester bleiben. Und genau deshalb fehlte mir auch einfach das Verständnis. Für mich konnte passieren, was wollte, aber Shay würde für immer meine kleine Schwester bleiben. Und es würde sich auch nie ändern, dass ich alles für sie tun würde. Ich musste es einfach versuchen. Irgendwie musste man ihn doch zur Vernunft bringen können. Es ging nicht anders. Aber erst brauchte ich Melinas Rat. Irgendwas musste es doch geben, um Sofy auf bessere Gedanken zu bringen. Sie musste endlich mal wieder ruhig schlafen können. Und zwar ohne Schmerzmedikamente, wie noch vor zwei Tagen. Ich ertrug es einfach nicht mehr, sie so zu sehen. Das hatte sie alles nicht verdient. Sie sollte glücklich sein. Endlich wieder unbeschwert lachen können, ohne immer irgendwas anderes im Hinterkopf zu haben. Ich seufzte leise, Sofys gleichmäßiger Atem verriet mir, dass sie endlich schlief. Und das sollte ich auch wieder. Also drückte ich ihr noch einen sanften Kuss auf die Stirn und kuschelte mich dann ebenfalls wieder in mein Kissen.
Ich sollte recht behalten. Beide Kinder waren natürlich noch vor dem Klingeln des Weckers wach. Wenig überraschend. Und doch hatte ich vielleicht ein kleines bisschen Hoffnung gehabt, dass wir etwas mehr Schlaf zugesprochen bekamen. Aber gut. So war das nun einmal mit zwei kleinen Kindern. Es half also nichts. Sofy schien auch noch nicht ganz wach zu sein, quälte sich aber bereits aus der Bettdecke. „Niilo oder Elina?“, nuschelte ich nur verschlafen, sie würde schon verstehen, was ich meinte. „Niilo“, murmelte sie nur und schlurfte los. Ich folgte ihr nur wenige Augenblicke später, bog aber in Elinas Zimmer ab. „Guten Morgen kleine Maus. Hast du gut geschlafen?“, lächelnd nahm ich meine Tochter auf den Arm, die sich auch gleich an mich kuschelte. Manchmal kam es mir noch vor wie in einem Traum, dass ich jetzt zwei eigene Kinder hatte. Ich hatte es mir immer so sehr gewünscht und jetzt hatte ich direkt zwei kleine Wunder hier zu Hause. Ich hoffte nur, dass ich es bei Elina und ihrem Bruder besser hinbekommen würde, sie glücklich zu machen. Bei ihrer Mutter schaffte ich es momentan ja leider nicht so richtig.
Circa zwei Stunden später saßen wir beim Anwalt und natürlich war dies ein nicht so toller Termin. Dennoch hatte ich einfach die Hoffnung, dass uns dieser endlich mal weiterhelfen konnte. Und endlich lohnte sich das Hoffen, denn er zögerte nicht lang und bereitete alles Nötige vor. Alles war wir tun mussten, war, dass wir nichts löschen und alles speichern sollten, wenn noch mehr kam. Um den Rest würde er sich dann kümmern. Und darüber war ich wirklich dankbar, für ihn war das vermutlich sein Job, aber für mich war dies einfach eine riesige Entlastung. Und für Sofy hoffentlich auch. Und so wirkte es auch. Denn als wir nach dem Termin zu Hause waren und die Kinder bereits ihren Mittagsschlaf machten, fiel sie mir erleichtert in die Arme. „Ich bin so froh, dass er uns helfen konnte“, nuschelte sie. „Ich auch“, stimmte ich ihr zu und legte meine Arme um sie, während ich meine Stirn an ihre lehnte, „Eine Sorge weniger. Macht es dir was aus, wenn ich noch mal kurz unterwegs bin? Ich muss noch einmal was besorgen.“ „Nein, fahr ruhig. Ich nutze den Mittagsschlaf und lese endlich mal mein Buch weiter“, antwortete sie und zu meinem Glück fragte sie auch nicht weiter nach. „Das klingt sehr gut. Wir sehen uns später. Ich liebe dich“, nuschelte ich und drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Lippen, ehe ich ins Auto stieg und mich auf den Weg zu Melina machte.

Vielleicht irgendwann (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt