Teil 332

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Wincent

Es dauerte eine Weile, bis es wieder an der Tür donnerte. „Mach die Tür auf, oder ich finde einen Weg, wie ICH, die Tür geöffnet bekomme!", ertönte Amelies Stimme. Sie klang ziemlich wütend. Es war schwer, aber irgendwie raffte ich mich auf und schlurfte zur Tür. „Ich will allein sein", murrte ich, als ich die Tür geöffnet hatte. Amelie war wohl richtig wütend und verpasste mir eine schallende Ohrfeige. „Was soll das denn?" „Tut mir leid. Bist du jetzt anwesend? Dann komm mit!" Nur äußerst widerwillig folgte ich ihr zu Marco ins Wohnzimmer. „Und jetzt?", wollte ich genervt wissen. „Fresse halten", entgegnete Marco ernst und tippte dann eine Nummer ein. „Mensch Marco. Was für eine Ehre mal wieder von dir zu hören", ertönte nur wenig später die Stimmte von Alex. Augenblicklich zog sich alles in mir zusammen und ich wäre am liebsten wieder abgedampft. Aber Amelie drückte mich zurück in den Sessel und legte ihren Zeigefinger an ihre Lippen. „Ach na ja. Wir haben uns so lange nicht gesprochen. Da dachte ich, ich meld mich mal", antwortete Marco. „Wie nett. Immer noch so dicke mit Wincent?" „Schon lange nicht mehr", entgegnete Marco, weshalb Amelie mich erneut in den Sessel zurückdrücken musste. Was wurde das hier? Wollten sie mir jetzt auch noch unzählige Messer ins Herz rammen? „Ach. Na ja der taugt ja eh nichts. Schade nur, dass seine kleine Maus zu naiv ist", beschwerte sich Alex. „Wie meinst du das? Ich dachte, du hättest was mit ihr? Die Fotos im Internet sind doch eindeutig", spielte Marco weiterhin mit. „Schön wärs. Ich habs echt versucht. Hab mir sogar ein scheiß Event überlegt, damit ich sie endlich zu einem Treffen kriege. Aber die hat alles abgeblockt. Die scheint irgendwas in diesem Trottel zu sehen. Da hat man absolut keine Chance ranzukommen. Ich geb es jetzt auf. Hat mich jetzt dann auch schon viel zu viel Geld gekostet. Aber so wie es aussieht, hat sich ihr Traumwincent ja trotzdem von ihr abgewendet. Und selbst das ändert nichts. Hab von der ne Nachricht bekommen, dass sie mit mir nicht mehr arbeiten will. Und dass ihren ach so tollen Wincent ja so liebt. Boar mir bei sowas ja echt schlecht." „Hm. Klingt ja echt blöd", spielte Marco, während Amelie mit inzwischen die Hand auf den Mund presste. Dieser Idiot. Wenn ich den in die Finger bekam! „Ja. Ist ein zähes Miststück. Da investiere ich nicht mehr. Ich muss dann auch. Muss ja jetzt alles absagen, was die blöde Kuh in die Wege geleitet hat. Und das von Stuttgart aus", Alex legte auf und ich war so überfordert, dass ich einfach wieder ins Gästezimmer stürmte und abschloss. Scheiße. Was hatte ich getan? Sofy war mir die ganze Zeit über treu gewesen? Ich war so ein Idiot! Das würde sie mir doch nie verzeihen. Wie denn auch? Ich hatte ihr nicht vertraut, obwohl ich ihr hätte vertrauen müssen. Schluchzend vergrub ich mein Gesicht im Kissen. Und ich war einfach nur froh, dass mich Marco und Amelie in Ruhe ließen.
So vergingen ein oder auch zwei weitere Tage. Ich zog mich weiterhin zurück und wollte niemanden sehen. Ich war der größte Idiot. Am liebsten hätte ich Alex zur Schnecke gemacht. Aber selbst dazu fehlte mir die Kraft. „Wincent? Komm bitte raus. Wir sollten dir ein paar neue Sachen holen. Du solltest deine Kinder mal wiedersehen", kam es irgendwann von Marco. Meine Kinder. Verdammt. Ich quälte mich aus dem Bett und öffnete die Tür. „Komm. Ich fahr dich", murmelte Marco und schob mich auch direkt zum Auto. Ich schwieg während der Fahrt und auch, als wir das Haus betreten hatten. Zumindest so lang, bis ich ein lautes Weinen vernahm. Sofort hastete ich nach oben, wo ich Elina und Niilo allein im Schlafzimmer vorfand. Niilo schlief noch, Elina dafür aber nicht. „Hey. Komm her", ich nahm sie auf meinen Arm und glücklicherweise, beruhigte sie das ziemlich schnell. Marco war mir wohl nach oben gefolgt, denn er kümmerte sich um Niilo, der inzwischen auch wach geworden war. „Irgendwas stimmt hier nicht", murmelte Marco, „Wo ist Sofy?" „Keine Ahnung", murmelte ich nur und musste mich wirklich zusammenreißen vor Wut. Unsere Tochter schrie und von ihr war keine Spur zu sehen. Die konnte sich was anhören. Aber ich wollte mir meine Wut jetzt auch nicht anmerken lassen. „Dann gucken wir mal, wo Mama sich rumtreibt, hm?", ich behielt Elina direkt auf den Arm, „Sollen wir mal unten gucken?" „Dann gucken wir oben", schaltete sich Marco ein. Ich nickte nur und stapfte mit Elina nach unten. Im Wohnzimmer war keine Spur. Ich wollte im Büro schauen, doch als ich an der Küche vorbeiging, traf mich doch der Schlag. „Fuck", murmelte ich. Sofy lag in der Küche. Überall lagen Scherben und Blut. „Marco!", schrie ich nur panisch. „Mama", murmelte Elina leise und ich realisierte in dem Moment gar nicht, dass ich sie das erste mal hatte reden hören. „Mama ist müde. Die Schläft noch", murmelte ich beruhigend, obwohl ich selbst alles andere als ruhig war, „Komm. Onkel Marco spielt mit euch. Und Papa geht die Mama mal wecken, okay?" Marco kam gerade die Treppe runter und war kurz verwirrt, schaltete dann aber glücklicherweise und nahm die Kinder mit ins Wohnzimmer. „Sofy?", ich kniete mich neben sie und gab mein bestes, mich nicht an den ganzen Scherben zu schneiden, „Hey. Werd wach. Bitte. Sag doch was." „Oh fuck", kam es nun von Marco, „Ich ruf den Notarzt und Amelie an. Versuch sie irgendwie vorsichtig aus diesen ganzen Scherben rauszuholen." Und schon telefonierte er. Ich nahm nur halb wahr, dass er erst den Notruf wählte und dann Amelie anrief. Ich versuchte in der Zeit Sofy aus dem Scherbenhaufen zu befreien. Sie reagierte noch immer auf nichts. Als ich sie endlich befreit hatte, setzte ich mich mit ihr in den Flur und legte ihren Kopf auf meinen Schoß. „Scheiße man", brachte ich nur noch brüchig hervor, „Mach doch bitte keinen Scheiß. Ich brauch dich doch."

Vielleicht irgendwann (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt