Teil 295

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Teil 295:
Wincent
Wir saßen gerade in einer kleinen Pause, als mein Handy klingelte. Bereits gestern hatten die Dreharbeiten begonnen und erst in drei Tagen sollte ich nach Hause kommen. Ich fühlte mich nicht gut damit, gerade jetzt von zu Hause weg zu sein, aber Sofy war sich sicher, dass es Elina schnell besser gehen würde. Umso schlechter wurde mein Gefühl, als ich sah, dass mich meine Mutter anrief. Das konnte gerade jetzt kein gutes Zeichen sein. „Sorry Leute, das ist wichtig", entschuldigte ich mich bei den anderen Coaches, ehe ich mich zurückzog. „Mama? Was ist passiert?", fiel ich dann auch direkt mit der Tür ins Haus. „Bleib bitte ganz ruhig", fing sie an, machte es damit aber kein bisschen besser. „Mama! Was ist los, verdammt noch mal?", drängte ich also. „Sofy ist mit Elina im Krankenhaus", rückte sie endlich mit der Sprache raus. „Was?", entfuhr es mir panisch, „Warum?" „Es geht Elina nicht gut. Sie hat wohl eine Lungenentzündung und weil sie kaum noch trinkt, wollen sie sie im Krankenhaus behalten", erklärte sie und ich verstand nicht, wie sie so ruhig bleiben konnte, „Sofy wird bei ihr bleiben. Ich bin mit Niilo bei euch zu Hause und bleibe mit ihm hier." „Ich komme nach Hause!", stellte ich sofort klar. „Wincent. Ich kann wirklich verstehen, dass du dir Sorgen machst. Aber zieh deinen Job da durch. Ich bin doch da. Und Sofy hat mir geschrieben, dass ihre Mutter morgen wohl auch hier sein wird. Dann sind wir zu zweit", versuchte mich meine Mutter zu beruhigen, hatte damit aber keinen wirklichen Erfolg. „Als wenn ich mich hier auf irgendwas jetzt konzentrieren kann!" „Sprich dich meinetwegen mit dem Management ab, aber überstürze bitte nichts", bat mich meine Mutter. „Ich melde mich", sagte ich nur und legte auf. Wie sollte ich mich denn jetzt auf den Job konzentrieren? Das ging doch nicht. Meine Tochter lag im Krankenhaus, mein Sohn war ohne Mama und Papa zu Hause. „Wince? Es geht gleich weiter", Steffi stand plötzlich neben mir und schien zu merken, dass etwas nicht stimmte, „Schlechte Nachrichten?" Ich nickte nur, musste erstmal kurz klarkommen. „Was ist denn los?", fragte sie jetzt noch vorsichtiger. „Meine Tochter ist im Krankenhaus", brachte ich nur mit brüchiger Stimmung hervor, „Ich kann doch jetzt nicht einfach weitermachen, als wäre alles okay. Ich muss nach Hause." „Scheiße", murmelte sie, „Ich kann mir leider nicht vorstellen, dass du jetzt einfach fahren kannst. Wir sind mitten im Dreh." Leider hatte sie recht. Das einzige, was ich raushandeln konnte, war die Heimfahrt am Abend. Und das für die anderen Tage auch. So war ich wenigstens über Nacht zu Hause bei Niilo. Und so bretterte ich nach Showende auch sofort los. Natürlich erstmal Richtung Krankenhaus. Dort traf ich dann auch auf meine Mutter, die wohl gerade mit Niilo da war, um ein paar Sachen vorbeizubringen. „Wincent? Was machst du hier? Du solltest doch in Berlin sein?" „Über Nacht bin ich zu Hause. Das werde ich bis Drehschluss so machen. Niilo braucht mich jetzt. Von Sofy und Elina brauch ich wohl auch nicht anfangen. Wo muss ich hin?" Meine Mutter seufzte, erklärte mir dann aber, in welches Zimmer ich musste, ehe sie sich mit Niilo auf den Heimweg machte.
Als ich das Zimmer betrat, brach es mir mein Herz gleich zwei Mal. Elina da so zu sehen ... und dann Sofy, die einfach neben dem Bett kauerte und gar nichts anderes mehr wahrzunehmen schien. Ich wollte sie natürlich nicht erschrecken, aber ich wusste nicht so recht, wie ich mich bemerkbar machen konnte. Ich hockte mich also einfach neben sie und nahm vorsichtig ihre Hand in meine. Sichtlich verwirrt schaute sie hoch, fiel mir dann aber auch direkt schluchzend um den Hals, sodass ich doch Schwierigkeiten hatte, das Gleichgewicht zu halten. „Was machst du hier? Ich dachte ...", kam es irgendwann leise von ihr, aber sie wagte es nicht, sich auch nur ein bisschen aus meinen Armen zu lösen. „Ich bin über Nacht zu Hause. Werde die Drehtage pendeln, damit wenigstens über Nacht jemand bei Niilo ist. Dann kannst du hierbleiben", erklärte ich ihr, „Ich kann doch nicht einfach in Berlin bleiben. Ganz absagen geht leider nicht. Das lässt der Vertrag einfach nicht zu. Was sagen die Ärzte denn?"  „Die Werte sind wohl nicht so gut. Sie konnten mir nicht sagen, wann sie wieder nach Hause kann. Wie soll ich die Pakete denn fertig machen?" „Da machst du dir jetzt keine Gedanken. Meine Mutter hilft uns sicher auch dabei. Und ansonsten werde ich halt sagen, dass die Sachen etwas später verschickt werden. Da haben die schon Verständnis für. Das hier geht vor", stellte ich direkt klar, „Du solltest dich hinlegen. Ich fahre jetzt nach Hause und schaue morgen Abend wieder vorbei. Früher geht es leider nicht." „Okay. Zieh das durch, ja? Egal, was hier grad abgeht." „Ich geb mein bestes. Übermorgen sind wir durch", versicherte ich ihr.
Als ich später nach Hause kam, war Niilo noch hellwach. Na ja er merkte irgendwo ja auch, dass etwas anders war. Selbst mit seinen elf Monaten merkte er das ja. Genau deshalb entschied ich mich auch, dass er heute bei mir schlief. Meine Mutter quartierte sich also im Gästezimmer ein, während ich mit Niilo nach oben verschwand. Wenigstens schlief Niilo dann doch schnell ein, aber ich lag doch noch lange wach.

Vielleicht irgendwann (2)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt