Kapitel 13

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„Das reicht." Adaja drehte die Sanduhr um und Viggo ließ sich keuchend auf einen Stuhl fallen. „Du kannst dich ausruhen, bis der Sand durchgelaufen ist, dann machen wir weiter."

Viggo stützte die Arme auf den Beinen ab und starrte die Dielen an, bis die Konturen vor seinen Augen verschwammen. Schweißperlen rannen über seine Stirn und seine Arme, sein Muskelkater machte sich bereits bemerkbar. „Ich habe auch nichts gegen eine längere Pause."

Adaja schnaubte und schüttelte die Sanduhr, damit die Körner noch schneller hindurchliefen. „Du möchtest übermorgen aufbrechen, jetzt wird nicht mehr gekniffen", sagte sie. „Gewöhn dich daran, auf einem Drachenrücken wirst du auch nicht geschont."

„Auf einem Drachenrücken muss ich lediglich sitzen." Sie lachte auf und schob ihm einen Becher Wasser zu. „Du brauchst deine Oberschenkelmuskulatur", erklärte Adaja. „Louvisa hat einen gewaltigen Vorteil, was das angeht."

Viggo stürzte das Wasser in einem Zug herunter. „Lova hat einen gewaltigen Vorteil, was jegliche körperliche Aktivitäten angeht", konterte er. „Der Vergleich ist also unfair."

Adaja betrachtete die Sanduhr. „Die Zeit ist abgelaufen", sagte sie. „Keine Fairness für dich."

Viggo stöhnte entnervt auf und erhob sich wieder auf die Füße. Anfangs hatte er sich dafür an die Tischkante klammern müssen, doch mittlerweile gelang es ihm ohne Hilfe. „Du könntest ein Auge zudrücken und mir noch eine kurze Pause gönnen."

Adaja zeigte ihm einen Vogel. „Hätte ich bei deinem ständigen Gejammer immer ein Auge zugedrückt, könntest du dir nicht einmal selbst die Schuhe zubinden."

„Das ist eine Unterstellung", sagte Viggo. „Es gab keinen Zeitpunkt, an dem ich mir nicht die Schuhe zubinden konnte. Das wäre eine größere Peinlichkeit gewesen, als ich es ertragen könnte."

Sie verdrehte die Augen. „Melodramatik wird dich nicht vor den Übungen retten."

„Zu schade." Viggo streckte seine schmerzenden Glieder. „Welche Folter hast du noch für mich vorgesehen?"

Adaja setzte bereits zu einer Antwort an, da klopfte es an der Tür. „Nochmal Glück gehabt", sagte sie und eilte an den Vorratsregalen vorbei, um die Tür zu öffnen. „Setz dich wieder hin, ich kläre das schnell."

Viggo beugte sich nach vorn und sah neugierig um die Ecke. „Erwartest du jemanden?"

Adaja verbarg ihm den Blick auf die Tür, doch ihr Nicken konnte er sehen. „Mala wollte sich eigentlich noch eine Kräutermischung abholen, aber ich habe sie erst später erwartet und..." Sie stockte. „Nehemia?"

Viggo runzelte die Stirn. Nehemia sollte mit Dunja, Finn und Lova in der Küche sitzen, denn während seiner Übungen hatte Adaja das Vorratslager für verbotenes Gebiet erklärt, um Störungen zu vermeiden. Das Mädchen mochte ein Wirbelwind sein, doch die Regeln ihrer Eltern hatte sie stets befolgt.

„Was machst du hier, Schatz?"

Nehemia schob sich an ihrer Mutter vorbei, ohne zu antworten, und kam schwer atmend vor Viggo zum Stehen. „Papa schickt mich", stieß sie hervor und musterte ihn eindringlich, während sie nach Atem rang. „Es... ist wichtig."

„Hol zuerst tief Luft", sagte Viggo amüsiert. Er kannte Nehemias „Notfälle" bereits. Meistens handelte es sich um Belanglosigkeiten, die für ein Kind wie sie noch die Welt bedeuteten. Das letzte Mal, als sie so auf ihn zugerannt war, wollte sie ihn fragen, ob Drachen von Hühnern abstammten – eine Frage, auf die er keine Antwort hatte und die Nehemia seitdem beschäftigte. „Also, was ist los?"

Forget-me-notsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt